Mehr Humus fürs Klima

Humusreicher Boden ist gut für die Frucht und birgt Hoffnung fürs Klima. Zum Start unserer Klimareihe schauen wir, was hinter dem Projekt Humus steckt

 

Fotos: Galina Ens

Unter unseren Füßen, in der Erde, steckt ein großes Potenzial. Auch für den Klimaschutz. Das ist die Erkenntnis, auf die sich das Humusprojekt des Naturparks Schwarzwald stützt. Es fördert den Aufbau von Humus auf den Flächen teilnehmender Landwirte. Denn die tun nicht nur sich selbst und ihren Böden damit etwas Gutes, sondern dem Weltklima gleich mit: Steigt der Humusgehalt auf einem Hektar Feld um ein Prozent, schluckt der Boden 50 Tonnen CO2 mehr und entzieht ihn damit der Atmosphäre.

Zum Vergleich: Eine Fichte bindet im Lauf von 100 Jahren 2,6 Tonnen CO2 (mit dann etwa 35 Meter Höhe) und im Jahr 2021 lag die Treibhausgas- Bilanz pro Person in Deutschland bei rund 11,2 Tonnen. „Nicht umsonst ist der Humusaufbau als Teil der Gesamtstrategie für den Klimaschutz und die Klimaanpassung in den Fokus sowohl des Landes Baden-Württemberg als auch der EU gerückt“, sagt Florian Schmid, Projektmanager des Naturpark-Klimaprojekts. Höchste Zeit also, dass wir uns das mal aus der Nähe anschauen …

Bodenkurse für die Landwirte

Florian Schmid betreut das Humusprojekt beim Naturpark. Sein Ziel ist es, so viele Landwirte wie möglich für den Humusaufbau zu gewinnen. Wer als Landwirt mitmachen will, meldet sich zum Bodenkurs Ackerbau oder Bodenkurs Grünland an und lernt in drei bis vier Modulen, was alles dazugehört zum nährstoffreichen Boden. Die Kurse leiten Friedrich Wenz und Dietmar Näser, zwei Vorreiter der regenerativen Landwirtschaft.

Alle teilnehmenden Landwirte, die in zwei Messungen im Abstand von je wahlweise drei beziehungsweise fünf Jahren eine Steigerung des Humusgehalts nachweisen können, bekommen dafür eine Prämie von 30 Euro je eingesparter Tonne. „Die Humusprämie ist für niemanden der entscheidende Grund für die Umstellung, aber zumindest eine kleine Anerkennung“, sagt Florian Schmid.

Als Einstieg ins Projekt organisiert er sogenannte Feldtage bei Betrieben, die das Gelernte mit großem Erfolg umsetzen. Für den Ortenaukreis ist Landwirt Alois Huschle in Renchen Gastgeber des Feldtags. 80 Landwirte kamen kürzlich zu ihm und nahmen mit ihm Bodenproben. Mit uns fuhr er gleich noch mal raus …

Regenerative Landwirtschaft

Huschle ist kaum zu bremsen, als er uns die Maßnahmen und auch die Erfolge zeigt, die er im Humusprojekt bereits erzielt hat. 2020 hat der Renchener den ersten Schritt gemacht zur Umstellung seiner 120 Hektar Land auf regenerative Landwirtschaft. Einer ihrer Hauptinhalte entspricht dem des Humusprojekts: Es ist der Aufbau von nährstoffreichem, humusreichem Boden. Ob der Bauer sein Land nun konventionell oder ökologisch bewirtschaftet – in der regenerativen Landwirtschaft ist das erst einmal egal. Wenn er mit ihren Mitteln erfolgreich einen humusreichen Boden aufgebaut hat, profitiert er von einer höheren Ertragssicherheit bei gleichzeitig niedrigerem Düngemittelbedarf. Möglich machen das gerade das Mehr an Kohlenstoffdioxid im Boden, die intakte Bodenbiologie und die höhere Fruchtbarkeit der Böden.

Die regenerative Landwirtschaft teilt ihre Maßnahmen in fünf Gruppen. Erstens gehört dazu, sich einen Überblick über die Nährstoffe im Boden zu verschaffen. Entscheidend ist hierbei ihre Relation zueinander. Nur sie gibt an, ob und wie gedüngt wird und wie nicht. Zur zweiten Gruppe gehören Maßnahmen zur Unterbodenlockerung mit Fermenten. Sie erhöhen die Fähigkeit des Bodens, Wasser und Nährstoffe zu speichern. Der dritte Bestandteil ist die ganzjährige Bodenbedeckung, sprich Kulturen mit Untersaaten und Zwischenfrüchten nach der Hauptkultur, die über den Winter stehen bleiben. In Punkt vier werden sie in der sogenannten Flächenrotte gezielt in den Stoffwechsel eingebunden, indem der Bewuchs ohne anschließende Verdichtung in den Boden eingearbeitet wird. Fünftens werden vitalisierende Spritzungen auf dem Feld ausgebracht, sie stärken Pflanze und Wurzelwachstum. Alois Huschle zeigt uns als Beispiel dafür seinen Komposttee. All dies sind auch die Mittel des Humusprojekts.

Zum Abschluss unseres Besuchs nimmt uns Alois Huschle mit auf ein Feld, bei dem die Flächenrotte gerade abgeschlossen, die gesteuerte Verrottung also vollzogen ist. Zuerst prüft er mit der Bodensonde, dann sticht er ein Stück Boden aus. Zufrieden lobt er seinen Boden und riecht daran. „Humusreicher Boden ist ein Prozess von Jahren. Aber die ersten Erfolge zeigen sich schnell. Das Kohlendioxid, das in der Atmosphäre schadet, ist im Boden gut.“

Praxistipps

Erfahrungen aus anderen Regionen zeigen, dass mit regenerativen Ansätzen ein Humusaufbau von 0,1 bis teils 0,2 Prozent jährlich durchaus realistisch ist. Welcher Anteil erreicht wird, hängt auch stark von den Eigenschaften des jeweiligen Bodens ab. Den Landwirten versprechen reiche Böden Synergieeffekte wie die Fähigkeit, Wasser und Nährstoffe zu speichern. Tipps in Sachen Klimaschutz gibt es auf der Website des Naturparks aber genauso auch für Otto Normalverbraucher: Unter naturparkschwarzwald.blog/klimatipp/ findet Ihr den Klimatipp des jeweiligen Monats.

#heimat Schwarzwald Ausgabe 32 (3/2022)

Der Schwarzwald hilft den Menschen aus den Ukraine und wir erzählen davon. Denn wir finden: Heimat ist ein Menschenrecht. Punkt. Und: Auch klar, dass wir in dieser Ausgabe noch viel mehr Themen haben, die es zu entdecken gilt: von den Tortora-Brüdern und ihrer Pizza La Foresta Nera bis zu Badens neuem Weingärtner.

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