Große Kulinarik im Herzen

Mitten in der Gengenbacher Altstadt gelegen, verzaubert Die Reichstadt mit ihren Gerichten. Nicht nur auf den Tellern ein echter Hingucker

Um aus einem ordinären Mittwoch einen echten Feiertag zu machen, ist die Reichsstadt in Gengenbach ideal. Im großen Garten hinter dem Haus sitzt man herrlich zwischen duftenden Kräutern, bunten Ziersträuchern und alten Mauern. Sonnenschirme, blauer Himmel, das Plätschern des nahen Naturpools: wie geschaffen für ein Staycation-Wochenende, einen Urlaub vor der Haustür. Noch bevor der Gruß aus der Küche kommt, ist klar: Schade, dass wir nur einen Abend bleiben. Denn die während des Lockdowns erweiterte, umgebaute und modernisierte Reichsstadt ist ein kleines Paradies, eine kulinarische Oase mitten in Gengenbachs eh schon wunderschöner Altstadt. Wie treffend, dass sie auch noch in der Engelgasse liegt!

Früher einmal war die Reichsstadt nur eine der ersten Adressen für Businessreisende. Klassische badische Küche, aber ein bisschen angestaubt. Das ist Schnee von gestern! Unterm Haus haben Carmen und Gerhard Hummel den Gewölbekeller urig ausgebaut, wie gemacht für Raclette oder Fondue. Darüber lockt die Schwarzwald-Brasserie La Cocotte (Donnerstag bis Dienstag mit durchgehender Küche von 11.30 bis 21 Uhr) mit modernem Design, kleinen, feinen Speisen und grandioser Weinauswahl. Auf der Karte stehen Poulet en cocotte du midi – also Huhn auf südfranzösische Art –, Œufs en cocotte wie in Paris oder Mini-Cocotte mit Zimtschnecken-Apfelkuchen. Daher auch der Name: Die kleinen Schmortöpfe (die Cocottes) verleihen jedem Gericht eine besondere Note. Fleisch wird saftig, Brot erhält eine dicke, knusprige Kruste. Klasse! Leger, locker, entspannt und mit viel Liebe zum Detail. Es gibt einige Häuser, bei denen das La Cocotte die Krönung der kulinarischen Kompetenz wäre – in der Reichsstadt aber geht es noch eine Liga höher …

Also zurück in den Garten und zur Qual der Wahl. Der bibeldicken Weinkarte widmen wir uns später, denn der Magen knurrt. Also das Monatsmenü mit drei Gängen für 48 Euro? Sommerlicher Salat, Kalbssteak mit Pfifferlingen ein Dessert mit Passionsfrucht-Pralinen, Schokolade und Chili  – klingt ebenso verlockend wie das vegane Menü mit Gartengurke, Tofu und Ponzu zum Einstieg, Polentaschnitte mit wildem Brokkoli und einer Sorbetvariation mit frischen Früchten. Auf der Gourmetkarte findet sich noch ein Yellow-Fin-Thunfisch mit Wassermelone, Wolfsbarsch im Tom-Kha-Gai-Sud und Kaisergranat mit Hummereis. Wahnsinn! 

Um es noch kniffliger zu machen, gibt es sogar noch ein paar Möglichkeiten mehr, die man relativ frei kombinieren kann. Vorweg vielleicht eine Gazpacho mit Szechuan-Pfeffer und Carabinero für 11,50 Euro oder doch eine hausgemachte Terrine von der Gänseleber mit Apfel und Brioche für 24,50 Euro? Naja, es hat immer noch fast 30 Grad, also fangen wir mit der Gazpacho an, die am Tisch frisch aufgegossen wird. Die Garnele ist großartig, die Gemüseeinlage knackig frisch, die Gazpacho perfekt abgeschmeckt. So kann’s weitergehen!

Beim Zwischengang aber haben wir einen Fehler gemacht – denn vom gebratenen Pulpo mit warmer Roter Bete, Brombeer-Jus und Rucola haben wir nur eine Portion bestellt, und die müssen wir uns nun teilen. Jammerschade! Denn der Tintenfisch ist so butterzart und harmoniert so herrlich mit der im Ofen gebackenen Bete: Man möchte sich reinlegen! Also bestellen wir noch mal Brot (geht aufs Haus) und wischen den Teller leer. Nur nichts verkommen lassen!

Ebenso überzeugend: unsere Hauptgänge wie den mit Medaillon und Bäckchen vom Kalb, gebackenen Sellerie-Stäbchen und tollen Steinpilzen, zu denen wir uns von Andreas Laible einen großartigen Wein gönnen. Wenn man unbedingt ein Haar in der Suppe finden möchte: Mit der großartigen Glacé dürfte der Küchenchef großzügiger sein. Auf der anderen Seite: Wer fragt, kriegt auch Nachschlag. Am Ende sind wir noch Feuer und Flamme für das am Tisch flambierte Baba au Rhum aus süßem Hefeteig mit hausgemachtem Eis sowie frischen Früchten und spüren: Feste muss man eben feiern, wenn sie fallen. Auch an einem ganz gewöhnlichen Mittwoch.

Die Reichsstadt

Festtagsmacher für jeden Tag
Engelgasse 33, 77723 Gengenbach
Geöffnet: Di bis Sa, 17–22.30 Uhr
0 78 03 / 96 63 0
www.die-reichsstadt.de

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