Münsterkäse: Die großen Stinker

Obwohl sehr weich, ist Münsterkäse harter Stoff. Das liegt an seinem Geruch. Erst im Mund wird er zu einem Genuss, der auch unseren Autor begeistert

Text: Pascal Cames

Wieso eine Stadt wie Munster im Elsass ein Käsemuseum hat, wo doch gar kein Käse innerhalb der Stadtmauern produziert wird, hat seinen Grund in der Historie. Es war um 600 n.C. als Benediktinermönche ins Fechttal kamen, heute besser bekannt unter dem touristischen Namen Vallée de Munster – Munstertal. Wie man weiß, brachten die Benediktiner nicht nur ihren Glauben und den Weinbau à la Burgund mit, sondern auch die Kunst der Käseherstellung.

Die Mönche bringen das Wissen

Rasch verbreitete sich die Käsekultur vom Monasterium (lat. für Kloster) auf die Almen und von dort über „le grand pâturage“ („die große Wiese“) in den lothringischen Teil der Vogesen, in dem schon immer französisch gesprochen wurde. Die Lothringer sagen Géromé zum Munsterkäse, während er im Elsässerdeutsch „Münschter“ oder „Minschder“ genannt wird. Französisch ausgesprochen kommt ein „Mastär“ heraus, was sich wie eine Beschwerde anhört. Was auch nicht schön ist, ist sein Geruch. Man tut der Elsässer Käsekunst nicht unrecht, wenn man sagt: „Das ist ein ganz großer Stinker.“ Vielleicht sogar der größte Frankreichs. Mittlerweile gibt es Geschäfte, die den Käufern versprechen, dass sie den Käse geruchsfrei einpacken. Da wird wirklich mitgedacht! Denn eine längere Autofahrt mit einem unverpackten Stinker ist kaum auszuhalten.

Regionale Herkunft

Der Munster respektive Munster-Géromé ist der einzige Elsässer Beitrag zu Frankreichs großartiger Käsekultur. Die Produzenten sitzen alle in einem bestimmten Gebiet, das sich über sieben ostfranzösische Departements zieht. Wer außerhalb davon Munsterkäse produziert, kann das tun, darf ihn aber nicht so nennen. Zudem verlangt das Label Appellation d’Origine Contrôlée bestimmte Qualitätsstandards wie zum Beispiel die Reifezeit. Dem großen Stinker ist sogar eine Käsestraße (La Route du Fromage) gewidmet, die nicht nur zu den Fermes (den Bergbauernhöfen) führt, sondern auch veranschaulicht, in welcher Idylle dieser Käse entsteht. Bergbauern wie die Wehrys, Deybachs, Huss’ und Spenles, deren Großeltern schon auf den Almen lebten und früher – als noch keine Touristen unterwegs waren – ein wirklich hartes Leben führten, sind nach wie vor firm in Sachen Käse. Sie produzieren nach alter Väter Sitte, sind aber auch neuen Ideen gegenüber aufgeschlossen. Jean-Mathieu Spenle von der Ferme Auberge Le Grand Hêtre etwa veredelt seinen Munster mit Kümmel, Bärlauch und Holunderblüten.

Es kommt auf die Kuh an!

Die meisten Bergbauernhöfe sind kein bisschen schmuck. Es sind lange, gedrungene Häuser für Mensch und Tier, oft mit Wellblechdächern, einfachem Mauerwerk, aber so gut wie immer mit der schönsten Aussicht der Welt gesegnet. Wer hier sitzt, kommt auf keinen schrägen Gedanken. Drumherum sind nur Almen mit vereinzelten Gruppen von Buchen sowie ein paar windschiefen Gewächsen. Im Sommer, wenn es auch mal in den Hochvogesen brütend heiß ist, sammeln sich hier die Kühe im Schatten, wenn sie nicht gerade Frauenmantel, Fenchel, Ruchgras und andere Kräuter fressen.

Die Vosgienne ist das typische Rind der Hochvogesen. Das schwarz-weiß gesprenkelte Vieh wäre ohne Bergbauern wie die Wehrys aus Breitenbach heute ausgestorben. Die Wehrys als beinharte Traditionalisten (wie so viele Elsässer) hatten dafür ihre guten Gründe: Die Vosgienne kommt mit dem Gelände klar und ihre Milch gilt als die beste für Munster, Barikas (Bergkäse) und Tomme. Die Vogesenkuh mag Kräuter, und die geben dem Käse das Aroma. Die beste Käsezeit ist daher übrigens der Herbst, dann schmeckt man die Sommerkräuter aus dem Käse. Eine Vosgienne hält zudem einiges aus, denn auch ein Sommer in den Vogesen kann mal rau werden. Die Kühe überwintern im warmen Stall, meist unten im Tal. Almauf- und abtrieb, Transhumance genannt, werden ihr zu Ehren als großes Volksfest gefeiert. Das „Wandelfeschd“ ist mittlerweile eines der größten Spektakel im Elsass. Sogar das Käsemuseum in Munster hat eigene Kühe. Dort finden sich auch Hörstationen, wo man den Bergbauern lauschen kann, mit welchem Krach sie die Rindviecher vor sich her scheuchen. Hüa! Hüa! Wer aber die Vogesen kennt, weiß, dass sich das in Echt viel besser anhört. Genauso verhält es sich auch mit dem Munsterkäse. Der schmeckt nach einer Wanderung am Originalschauplatz auch um Längen besser als daheim auf der Couch. Ich für meinen Teil genieße den Munster gern draußen auf der Terrasse mit – das hat sich herumgesprochen – der schönsten Aussicht der Welt. Am besten mit einer doppelten Portion Munster, einmal als kerniger Stinkkäse, dann idealerweise mit einem Gewürztraminer, und im Finale als Siaskas (Frischkäse) zum Dessert. Der Siaskas wird mit einem Schuss Kirsch (alias Kirschwasser) gedopt. Unglaublich, wie lieblich dieses Monster dann sein kann!

La Maison du Fromage

Das Elsässer Käsehaus zeigt in einer Schaukäserei, wie Käse gemacht wird. Zudem werden die typischen Utensilien ausgestellt, wie sie heute noch in Gebrauch sind. Wegweiser zeigen zudem an, wo sich die umliegenden Fermes Auberges befinden, in denen heute noch wie früher Munsterkäse gemacht wird. Zum Museum gehören ein Restaurant und Museumsshop mit regionalen Produkten. In Gunsbach befindet sich zudem das ebenfalls sehenswerte Albert-Schweitzer-Museum.

La Maison du Fromage, 23 Rue de Munster, Gunsbach (Munster). Die Öffnungszeiten von Museum, Laden sowie Restaurant variieren je nach Saison und sind online abrufbar. Museumseintritt (inklusive Vorführung und Verkostung): Erwachsene 7 Euro, Kinder (7 bis 14 Jahre) 4 Euro, Kinder bis 6 Jahre kostenlos, Familienkarte 20 Euro.

Mehr Infos

Käsemuseum: maisondufromage-munster.com
Käsestraße: routedufromage-munster.com
Info-Portal Münstertal: vallee-munster.eu

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