Der Weindoktor

Seit 40 Jahren praktiziert Joachim Heger am Kaiserstuhl als Winzer und ist stets einen Besuch wert. Bittere Medizin gibt es hier schließlich nie...

 

Text: Pascal Cames · Fotos: Jigal Fichtner

Ruhig, aber doch etwas in Eile, kommt der Ihringer Star-Winzer Joachim Heger in die Probierstube seines Weinguts. Seine schwarze Tasche stellt er ab, legt dann einen großen Schlüsselbund auf den Tisch. „Sein wichtigstes Werkzeug“, sagt man im Betrieb. Daran hängt ein Kreuzschlüssel (Dreikant, Vierkant) für den Weinkeller. „Ich verlege alles“, seufzt er, das ist schon sein zweiter. Mit drei Weinbetrieben hat Joachim Heger auch wirklich viel um die Ohren. Seit 40 Jahren lässt er keine Ernte aus. Bald kommt seine älteste Tochter von der Loire zurück, die jüngste Tochter Rebecca ist Önologin und schafft seit 2020 kräftig mit, ebenso wie Frau Silvia mit ihrem Händchen für die Gestaltung. Die Innenhöfe des Weinguts lassen an Provence und Bourgogne denken – und schon wähnen wir uns im Urlaub…

 

Weine für Erwachsene

Joachim Heger ist 62 Jahre alt, die man ihm nicht ansieht. Beim Gespräch erkennt man den jungen Joachim wieder und nicht Herrn Heger, den VDP-Winzer. Seine Haarfarbe liegt zwischen silbergrau und schlohweiß, was einen schönen Kontrast zu seiner schwarzen Kleidung gibt – und den Purismus andeutet, der sich im Wein wiederfindet. „Dieser Wein ist karg“, sagt er einmal über einen Grauburgunder. Ein anderes Mal: „Ich mache Weine für Erwachsene“, sprich die Weine sollen seriös, salzig (früher sagte man mineralisch) und total trocken sein. Auch wenn er viele Hymnen über sich liest und Punkte in den einschlägigen Weinführern zählt, zieht es ihn nicht auf die üblichen Wettbewerbe mit Medaillen und Ehrenpreisen. „Der Wein, der da gewinnt, ist nicht der Wein, den Sie den ganzen Abend trinken.“ Wie man weiß, werden seine Weine gerne getrunken. Würde man ihn und eine Handvoll Kollegen mit Fußballspielern vergleichen, er wäre der Torjäger.

(K)eine Familientradition

Dank seiner schwarzen Tasche könnte man ihn tatsächlich für einen Landarzt halten. Warum auch nicht, das Weingut heißt ja Dr. Heger. Als junger Mann wollte er wie der Großvater Max Heger Arzt werden. Das Studium dauerte aber nur einen Tag. „Ich habe es nie bereut.“ So wurde nur eine Familientradition aufgegriffen. „Von Max Heger hieß es, dass er der beste Winzer unter den Ärzten war. Oder war’s umgekehrt?“ Joachim Heger zeigt wieder mal Humor. Es geht die Geschichte um, dass der Landarzt seinen Patienten auf dem Sterbebett die Weinberge abschwatzte, aber das gehört definitiv ins Reich der Legenden…

Der Wein kam über die Ehefrauen – und über Zukäufe. Max Hegers Sohn Wolfgang, Mimus genannt, gründete 1949 das Weingut. Und als er seinen Sohn Joachim mitarbeiten ließ, gab er doch nicht sein Recht aufs letzte Wort ab. Wenn er sagte „oh, da musch aufpassen“ konnte der Wein noch nicht auf die Flasche, erst wenn er sagte „können wir füllen“ war es soweit. Manchmal grantelte der alte Mimus: „Ich hätte es nicht machen sollen“, sprich: nicht die Verantwortung abgeben. Ob es Joachim Heger genauso gehen wird, wenn er sein Weingut in die Hände der Töchter gibt? Die Antwort bleibt aus. Bis heute aber hängt im Weingut ein Foto von Mimus an prominenter Stelle.

 

Details bringen Erfolg

Wie bei vielen anderen Erfolgsmenschen springt Joachim Heger als Erzähler hierhin und dorthin, wer aber genau hinhört, findet viele „Kleinigkeiten“, die wieder mal beweisen, wie detailversessen erfolgreiche Menschen sind. Zum Beispiel zählt der Zeitpunkt, bis ein Wein auf die Flasche kommt (bei Heger etwa zwei Jahre), wie lange ein Wein braucht, bis er harmonisiert ist oder wie lange man eine geöffnete Weinflasche atmen lassen muss. Alles zählt. Auch in seiner Probierstube zeigt sich der diskrete Hang zur Perfektion. Kein Telefon lenkt ab, der Tisch ist weiß und es hat Oberlichter, damit das Auge den Wein unverfälscht wahrnehmen kann.

 

Immer neugierig

Auf seiner vielleicht besten Lage, dem Winklerberg geht er „back to the roots“. Für dieses ins Rheintal ragende Riff holt er alte Gewanne aus der Versenkung wie „Gras im Ofen“ oder einen Häusleboden. Warum? Jede Parzelle gibt einen anderen Wein, eine Cuvée aus allem kommt qualitativ nicht heran. Sehr traditionsbewusst zeigt er sich auch beim Portfolio. Den Muskateller hält er in Ehren, genauso wie den fast verschwundenen Silvaner und König Riesling, der am Kaiserstuhl rar geworden ist. „Solange ich hier bin, wird es bei Dr. Heger Riesling geben.“ Er schwenkt das Glas, bis die hellgelben Farbreflexe wirbeln, hält sich das Glas unter die Nase und sein Gesicht wird straff. In dieser Konzentriertheit bilden sich zwischen Wangen und Augen zwei schwarze waagrechte Falten. Dann ein Schluck. („Ich schlucke immer bei Proben, aber wenig.“) Nachschmecken, nachdenken, kurzes Statement (elegant, langlebig, karg, salzig, straff…) und schon erwacht die Neugierde auf den nächsten Wein. Jetzt Grauburgunder? Andere Lage, anderes Jahr? Vergleichen ist wichtig. „Für mich ist das Thema nicht abgeschlossen“, sagt er. Noch lange nicht.

 

Dr. Heger

Der Ihringer Winzer Joachim Heger (62) ist erfolgreich geworden mit seinem Weingut „Dr. Heger“. Zu seinen großen Lagen gehören der Ihringer Winklerberg und der Achkarrener Schlossberg. Gemeinsam mit seiner Frau Silvia hat er noch das Weinhaus Heger, das Weingut Fischer in Nimburg sowie den „Staufener Weinladen“. Als einer der wenigen Winzer in Baden hat er auch Reben direkt am Rhein.

www.heger-weine.de

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