Der Freak aus den Weinbergen

Winzer Alexander Danner ist für die einen ein Spinner, für andere ein Macher. Grund genug für einen Hausbesuch …

Fotos: Janine Kälble

Einige denken es nur, andere sprechen es aus: „Der Alex ist ein Freak.“ Diese Sprüche kennt er seit seiner Jugend. Im Übrigen sind sie ihm herzlich egal. Er kümmert sich lieber um seine Weinberge, seine Reben und die Vermarktung der Tropfen. Bei diesem Kraftakt, den Alexander Danner im Heimbach hinlegt, hat er keine Zeit für die Etiketten, die ihm andere verpassen wollen. Ihm sind die Labels seiner Weinflaschen wichtiger. Da stehen eben nicht nur Jahrgang und Rebsorte. Sondern auch Begriffe wie Liebe, Freude, Leidenschaft und Vertrauen. Dinge, die er seinem Wein entgegenbringt. „Ich war schon immer ein bisschen anders, auch als Kind“, sagt er. Und: „Ich sehe mich nicht als Rebell oder Querdenker, ich bin einfach nur konsequent.“ Um das zu umreißen, hilft ein Besuch auf seinem Weingut. Ein kleiner Innenhof, rechts die Schuppen für Gerätschaften, links das Wohnhaus mit Probierstube und Weinkeller. So weit nichts Aufregendes. 

Zeitreise inbegriffen

Es sind die Kleinigkeiten, die stückchenweise die Danner-Denke offenbaren. Ein alter Sonnenbrunnen vor dem Eingang, antike Ziegel als Türeinfassung, ein zum sanft vor sich hinplätschernden Miniteich umfunktioniertes Weinfass, das locker 200 Jahre alt ist. Zwischen Probierstube und Wohnung ist Platz für ein Atrium im Kleinformat, in dem man es sich bequem machen kann. Die Weinstube mit seinen restaurierten Möbeln aus den 1930er-Jahren mutet an wie eine Puppenstube. Hier wirkt nichts angestaubt, sondern nur, als sei es aus der Zeit gefallen. Und dann erzählt der 42-Jährige von Lichtwasser, Klangschalen, Cloudbustern und Bioresonanz. Er tut das unaufgeregt und nicht missionierend. Für ihn ist es Teil seines Lebens und seines Konzepts. Mehr noch: Es ist Teil dessen, was ihn umgibt. 

Das kann man cool oder hip oder vielleicht auch ein bisschen sehr esoterisch finden. Oder an den Placebo-Effekt glauben. Alexander Danner interessiert auch das nicht. „Zu meinen Kunden gehören unter anderem Tim Mälzer und Frank Oehler. Außerdem noch ein paar renommierte Restaurants“, erzählt er. 

Aber auch das ganz selbstverständlich. Er ist so, wie er ist. Und sein Wein auch. Und er ist stolz auf das, was er geschafft hat. Allein der Ausbau seines kleinen, feinen Weinkellers war mit enormen Anstrengungen verbunden. Der Boden musste in mühevoller Kleinarbeit abgetragen und ersetzt werden. Damit steht er seinen Ahnen in nichts nach: Anfang des 18. Jahrhunderts hauten seine Vorfahren den Keller, in dem bis heute die Danner’schen Schätze lagern, in den Durbacher Granit. Er ist einer, der richtig schaffen kann. Das merkt man schon am Händedruck. 

Wachsen und Werden

Danners Wein ist naturbelassen an- und ausgebaut. „Es kommt nichts rein, was da nicht reingehört“, sagt er. „Ich beeinflusse den Reifeprozess meiner Weine nicht. Ich verwende keine Gelatine zur Klärung und vergäre zum Teil mit Naturhefen. Meine Reben bringen alles mit, was sie brauchen.“ Er traut seinem Wein und gibt ihm Zeit. Viel Zeit. Seine sorgsam gehegten Fässer sind die Kinderstube für den Wein. Oder auch das Jugendzimmer.  

„Am Anfang sind sie wild und ungestüm, haben manchmal so ihre Unarten, später dann entwickeln sie sich. Der eine hat einen etwas sanfteren Charakter, der andere ist ein bisschen dominanter – wie bei den Menschen“, sagt Alexander Danner.

Und jetzt kommt das Oberhaupt der Tibeter ins Spiel: Im Danner’schen Weinkeller steht zwischen den Weinfässern ein CD-Player. In Dauer-schleife beschallen Heil-Mantren des 14. Dalai-Lama die Fässer und Tanks. Alexander glaubt an die positiven Schwingungen, die von diesen Gesängen ausgehen. 

Was so esoterisch daherkommt, ist harte Arbeit. Ob im Weinberg oder im Keller. Da baut er den Riesling im Barrique aus. Oder verhilft seinem Spätburgunder durch eine lange Reifezeit zu ungeahnter Fülle. Er denkt nach und fühlt sich in seinen Wein hinein. 

Pferd oder Frucht?

„Im Wein stecken zwei Millionen Aromen“, sagt er. „Ob jemand Maracuja, Kiwi oder frisch gerittenen Pferdesattel herausschmeckt, ist individuell verschieden. Und jeder hat mit seiner Beschreibung recht.“ Seine Tropfen sind tatsächlich besonders.

Nuancenreich, vielschichtig und überraschend. Selten sortentypisch, aber das ist auch so gewollt. Das war auch der Grund, warum er sich 2016 dazu entschied, seine Produktion auf Landwein umzustellen. Und damit Abschied zu nehmen von den Vorgaben, die für Qualitätsweine gelten. Denn da geht es auch um die Erfüllung bestimmter geschmacklicher Kriterien. Mit diesem Entschluss waren auch die für die Vermarktung einst so wichtigen AP-Nummern Geschichte für den Betrieb. „Ich stecke viel Leidenschaft und Liebe in mein Winzerhandwerk und das Ergebnis zählt für mich und meine Zielgruppe.“ Mit seinem Ausstieg verschwand einerseits der Druck. Andererseits sah er sich mit neuen Herausforderungen konfrontiert. 

Naturwein war kein neues Phänomen, aber es gab keinen entsprechenden Markt. Sommeliers, Küchenchefs und Endkunden mussten an das Thema herangeführt und dafür sensibilisiert werden. 

Ein Naturwein ist nach dem Weingesetz ein Landwein. Und der galt bis vor einigen Jahren gemeinhin als schlicht oder minderwertig. Unkundige sprachen gar von Verschnitt. Erst die Sehnsucht der Kunden nach naturbelassenen – echten – Lebensmitteln verhalf dem Naturwein zum Aufstieg. Mittlerweile gibt es spezielle Landweinmärkte und auch Platz in den Regalen gut sortierter Supermärkte und Weinhandlungen. Alex ist glücklich, dass seine Philosophie, die auf dem Respekt vor der Natur gründet, Anklang findet. Und der Dalai-Lama hätte an einem Gläschen eines von ihm besungenen Rieslings bestimmt seinen Spaß.

#heimat Ortenau Ausgabe 9 (4/2017)

Mit Lego und Käsefondue machen wir uns winterfein - und behalten das Wild so lange im Visier, bis es auf dem Teller liegt...

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

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