Im Test: Das 87 Café by MammaLina

Gibt es eigentlich einen Ort bei uns in der Gegend, wo man wirklich gut und ein bisschen ausgefallen frühstücken kann? Wo man mit einem Glas Champagner in einen Geburtstag hineinfeiern kann und wo es mehr gibt als Brötchen und Aufschnitt, Toast und Marmelade, Rührei und Speck?

Denn das kriegt jeder von uns zu Hause auch hin. Wir können uns Freiämter Räucherlachs kaufen, Wurst vom Metzger, unseren Lieblingskäse, und dazu die selbstgemachte Marmelade auftischen. Der Bäcker unseres Vertrauens ist garantiert auch besser als die inzwischen so elend weit verbreiteten Aufback-Teiglinge – aber dieser Text soll ja nicht zu einer philosophischen Abhandlung über vergessene Mahlzeiten und mangelnde gastronomische Infrastruktur werden, sondern eine Restaurantkritik.

Denn: Wir waren im neuen 87 Café by MammaLina. Baden-Baden. Sophienstraße. So ziemlich die beste Adresse der Kurstadt und das neueste Projekte der Familie Tortora, die mit ihrem Mamma Lina seit Jahren Maßstäbe setzen: Die beste neapolitanische Pizza in weitem Umkreis, die kreativsten Pastagerichte, beeindruckender Service, großartige Partys auf dieser wundervollen Terrasse beim Festspielhaus und dank Social Media in aller Munde. Aber können die Tortoras auch Frühstück und Café?

Das probieren wir doch heute mal aus und kommen als gemischtes Doppel. Sie mag’s gern süß, er lieber herzhaft. Zum Start gibt’s Champagner (der Service weiß offenbar um den Anlass) und einen Espresso, der zwar längst nicht so günstig wie in Neapel ist, dafür aber vergleichbar gut. Irgendwo hinter der Theke werkelt also jemand an einer Siebträgermaschine und drückt nicht nur ein paar Knöpfchen an einem seelenlosen Vollautomaten. Das ist doch mal ein Anfang!

Eggs Benedict vom feinsten

Und dann legt die Küche los. Heute angeführt von Mamma-Lina-Küchenchef Michele Asurto, der offenbar nicht nur abends gut drauf ist, sondern im Gegensatz zu vielen Kollegen auch morgens richtig abliefert. Meine Eggs Benedict auf Basis von getoastetem italienischem Brot mit schlotziger Avocado-Creme, marinierten Datteltomaten, hausgemachter Hollandaise, pochierten Eiern und zärtlich gepickelten Zwiebelchen sind ein Volltreffer. Die 18,50 gehen absolut in Ordnung – denn so gut habe ich Eggs Benedict zuletzt in New York gegessen. Und danach weder in Paris noch in Berlin, nicht in Hamburg, Kopenhagen oder Zürich. Mit anderen Worten: Weltklasse!

Blöd ist nur, dass ich nur eine Portion schaffe. Die Croissant-Royal-Variante mit Lachs, Limonencreme und Rucola (20 Euro) wäre sicher auch gut, ebenso der Eier-Toast mit gegrilltem Grünspargel, Gambas und Piment d’Espelette, der gerade an uns vorbeigetragen wird.

Meine süße Begleitung schwärmt derweil von ihren Bellucci-Pancakes mit Pistazien-Creme, süßem Mascarpone-Schaum, weißer Schokolade und Himbeeren (14 Euro). „Himmlisch“, sagt sie und lässt mich kosten. Und tatsächlich: richtig gut! Am Tisch nebendran werden derweil Pancakes im Tiramisu-Style sowie mit frischen Bananen und hausgemachter Schokocreme serviert. Sehen auch gut aus! Dazu der herzliche Service. Die Tortoras legen Wert darauf, dass man sich als Teil der Familie fühlt, wenn man hier zu Gast ist. Großartig!

Entdeckung des Jahres

Interessanterweise aber hat die Küche noch viel mehr drauf: Es gibt eine italienisch interpretierte Shakshuka (18 Euro), ein Buongiorno aus Saint-Tropez mit Gillardeu-Auster und Limonen-Gurken-Vinaigrette (5,50) und ein Good Morning aus Bangkok mit salzigem Pancake, Pulled Beef, Coleslaw und pochierten Eiern.

Ganz klassisch könnte man im Café aber natürlich auch Müsli bestellen, eine Acai Bowl, Porridge oder Buttercroissants – aber wozu? Man kann mittags einen kleinen Lunch ordern, abends wiederkommen oder am Wochenende das Leben an der Bar feiern – denn das 87 Café by MammaLina hat wirklich gastfreundliche Öffnungszeiten. Hier beweist endlich mal ein Gastronom, dass er auch morgens Eier hat. Und damit ist das 87 Café by MammaLina meine Entdeckung des Jahres.