Zwei Brüder und ein wilder Rum

Manuel und Max Wild sind dabei, ihre Familienbrennerei für die Zukunft fit zu machen. Neuster Coup: ein besonderer Rum

Text: Stephan Fuhrer · Fotos: Jigal Fichtner

Die Idee ist eigentlich schon etwas älter. Manuel hatte sie als Schüler. Vielleicht hat er sie sogar während des Unterrichts auf den Block gekritzelt, so ganz genau weiß er das nicht mehr. Warum nicht Rum? Da könnte doch was gehen! Und überhaupt: Warum nicht einen Rum aus einer Maische brennen, die, wie in den Ursprungsländern in der Karibik oder Mittelamerika üblich, sich selbst überlassen wird? Mit 17 Jahren hatte sich Manuel Wild genau dazu schon mal ein paar Notizen gemacht, ein bisschen hin und her kalkuliert und am Ende ein Konzept geschrieben. „Das war im Detail aber noch ziemlich naiv“, erzählt er. „Ich war damals ja noch ziemlich jung.“

Jung? Da sind wir dann doch erst mal baff! Erstens: Wenn ein 17-Jähriger sich ein grundlegendes Konzept zu einem komplexen Destillat überlegt – wohlbemerkt lange, bevor Deutschlands Bar-Profis Rum zum neuen Trendgetränk ausgerufen haben – dann ist das schon mal speziell. Wenn aber, zweitens, ein mittlerweile 25-Jähriger dabei wie ein alter Hase übers Spirituosengeschäft spricht, ist das noch außergewöhnlicher. Mal ganz davon abgesehen, dass Bruder Max daneben, 23 Jahre alt, ebenfalls das Brenner-Latein beherrscht, als hätte er von Kindesbeinen an nichts anderes gemacht. Wirft man einen Blick auf den Familienstammbaum, wird aber schnell einiges klar …

Eine hochprozentige Familie

Wir sind bei den Wilds in Strohbach. Vater Franz hat noch einen Termin und verabschiedet sich von seinen Söhnen. Kein ungewöhnliches Bild: Franz Wild betreibt die Familienbrennerei nahe der B33 seit jeher nebenberuflich. Der Opa hat auch schon gebrannt. Bei der früheren Gengenbacher Brennerei von Seldeneck, die sich bereits an edlen Bränden probiert hat, als für die Bauernschaft drumherum noch die Devise galt, dass Schnaps in der Kehle ordentlich zu brennen hat. Die Jungs führen das Familienerbe nun fort. Manuel und Max sind voll in den Betrieb eingestiegen und haben das Geschäft mit frischen Ideen auf Wachstum getrimmt.

Vor zwei Jahren wurde die neue gläserne Produktion samt edlen Verkaufsräumen eröffnet. Dazu gibt’s aus dem Hause Wild inzwischen Wein von eigenen Trauben. Und natürlich alles, was das Spirituosenherz sonst noch so begehrt: Klassisches wie Williams oder Alte Pflaume. Besonderes wie Mispel- oder Kornelkirsch-Brände. Gin, Wodka und Whisky sowieso. Die dürfen heutzutage nicht fehlen. Und dann gibt’s jetzt ja auch noch besagten neuen Rum, den Blackforest Wild Rum …

Rum – ein langer Prozess 

Manuel und Max nehmen uns mit ins Lager. Meterhoch sind hier die Fässer gelagert, in denen das edle Destillat seiner Flaschenabfüllung entgegenreift. „Es ist ja nicht so, als dass man schnell mal Rum brennt und dann schaut, ob es funktioniert“, sagt Max. Das Ganze braucht eine Menge Vorarbeit. 

Erst mal braucht es Melasse, aus der die Maische gemacht wird. Zuckerrohr wächst im Badischen bekanntlich nicht, also muss der Rohstoff in möglichst guter Qualität aus Übersee kommen. Dann muss die Maische vergären – und zwar nach der Idee der Brüder wild, also draußen auf der Wiese. Da arbeiten dann Hefen und Bakterien, auf die man wenig Einfluss hat. „Die ersten Versuche haben mehr nach Essig als nach Rum geschmeckt“, erzählt Manuel. Doch nach einigen Proben klappte es schon besser.

Das Entscheidende kommt dann aber noch: der mehrjährige Reifeprozess. Dafür haben sich Vater und Söhne ein Verfahren überlegt, bei dem sechs verschiedene Fässer zum Einsatz kommen. Neue aus amerikanischen Weißeichen und alte, in denen zuvor Portwein, Cognac, Whisky oder Orangenwein gelagert wurden. Schließlich saß die Familie gemeinsam am Tisch, um die richtige Zusammensetzung auszutüfteln. „Am Ende hatte Jule das letzte Wort“, sagt Manuel. Jule ist seine Freundin. Sie hat das beste Näschen in der Sippe. Erhältlich ist der Rum nun seit Anfang September in der Standard-Version (0,5 l, 45 %, 34,50 Euro) und in einer klaren Bar-Edition (0,5 l, 55 %, 29,50 Euro). Natürlich mit schickem Flaschendesign. Das gehört heute ja sowieso zum guten Ton.

Perfektes Duett

Bei unserem kleinen Tasting überrascht der Rum der Brüder durch eine klare Linie. Die Aromen sind fein wahrnehmbar, aber nicht dominant. „Wir haben viele Rums analysiert und waren erstaunt, wie oft auch bei großen Namen mit Aromen nachgeholfen wird“, sagt Manuel. Das ist zwar legal, aber das wollten die Wilds nicht. Das Ergebnis sollte ein ehrliches sein.

#heimat Ortenau Ausgabe 9 (4/2017)

Mit Lego und Käsefondue machen wir uns winterfein - und behalten das Wild so lange im Visier, bis es auf dem Teller liegt...

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