Thumps up!

Unser Autor Ulf Tietge hat sich beim Footballspielen den Daumen gebrochen. Über sein Leben einarmiger Schwarzwald-Bandit

Keine Ahnung, ob es Wetten gab. Wundern würd’ mich das nicht und ich hätte wahrscheinlich genauso einen Fünfer auf eine kleine Verletzung gesetzt, wenn Kollegen wie Stephan Fuhrer oder Pascal Cames in ihrem biblischen Alter mit dem Football angefangen hätten. Haben sie aber nicht – stattdessen ist es an mir, über mich selbst zu lachen, während ich diese Kolumne tippe. Im Zwei-Finger-Such-System, extrem langsam und mit sehr viel Autokorrektur. Warum? Weil ich mir auf dem Feld den Daumen gebrochen hab – und plötzlich nichts mehr so leicht von der Hand geht. Ich weiß jetzt, warum man im Englischen von handicapped people spricht, denn mit so einem nach oben gegipsten Daumen ist nichts mehr, wie es mal war. Dafür erkennt man plötzlich, wie wichtig scheinbar Selbstverständliches am Ende ist – und wie schnell man ausgegrenzt ist.

Bevor wir uns falsch verstehen: Es ist völlig okay, dass ich mal vier Wochen auf Daumenkinos verzichte. Sind oft eh nicht so die Blockbuster. Außerdem geht’s in meinem Postfach gerade sehr lustig zu. Beispiele? Gern: Ob ich denn jetzt seit Tagen Däumchen drehe? Ob der Gips auch handmade sei? Ob ich als Anhalter ins Büro fahre, weil ich den Daumen so raushalte? Und wie das denn zu verstehen ist, dass ich auf jede Frage einen Thumbs Up zeige?

Auch die Suppe folgt der Schwerkraft

So weit, so lustig. Blöd ist nur, dass es der rechte Daumen ist – und es sehr merkwürdig ist, wenn man als Gernesser weder mit Stäbchen noch mit Messer und Gabel dinieren kann. Also geht schon, aber eben nur abwechselnd. Und man kann sich gar nicht vorstellen, wie munter so ein Steak auf dem Teller herumspringt, wenn man versucht, es nur mit dem Messer zu schneiden. Vielleicht wär eine Schere besser? Oder einfach abbeißen? Nur noch Linsen bestellen – und Knöpfle statt Spätzle dazu? Klare Suppe übrigens macht’s nicht viel besser. Denn wenn man 40 Jahre lang mit rechts löffelt, kriegt man das nicht unbedingt unfallfrei mit links hin. Ganz im Gegenteil. Auch die Suppe folgt der Schwerkraft, und was ich bin froh um die Serviette vor meiner Brust. Oder besser: das Lätzchen. Ich mein: Was ist wohl peinlicher? Nach einem Strohhalm für die Consommé fragen oder mit Lätzchen essen …?

Wo wir bei Trinkhilfen sind: Ich hätte nie gedacht, dass man Gefahr laufen könnte, vor einer Flasche zu verdursten. Was Korken hat, ist geradezu unerreichbar. Kronkorken sind auch nicht für einarmige Banditen gemacht, aber immerhin gibt’s eine Brauerei im Schwarzwald, die ihr Bier zum Auf- und wieder Zuschrauben verkauft.

Irgendwann wird man demütig, denkt anders nach über Initiativen für mehr Barrierefreiheit, schluckt den Stolz herunter und lässt sich – wenn auch nicht füttern – so aber doch bedienen. Dann merkt man, wie hilfsbereit viele Menschen im Schwarzwald doch sind. Danke dafür!

#heimat Schwarzwald Ausgabe 44 (3/2024)

Endlich ist draußen alles grün und das feiern wir in der neuen Ausgabe – mit neu interpretierten Spargelgerichten, knallroten Erdbeeren und den besten Rezepten für einen echten italienischen Aperitivo auf dem Balkon. Jetzt, wo die Urlaubssaison langsam losgeht, findet ihr bei uns jede Menge Ideen für Ausflüge und Abenteuer im Schwarzwald: vom Microcamping mit dem Camper Van auf außergewöhnlichen Spots über Fußballgolf bis hin zu Freilichtmuseen. Natürlich haben wir auch wieder spannende Persönlichkeiten aus der #heimat wie Zoodirektor Matthias Reinschmidt, den Offenburger Künstler Stefan Strumbel oder Europa-Park Sommelier Vincenzo De Biase für euch getroffen und ausgefragt.

Weitere tolle Artikel aus der #heimat

heimat+ Strubels Traum

Kesselhaus Offenburg: Heimat loves you!

Baden-Baden hat das Burda-Museum, Basel die Fondation Beyeler und das Tinguely – und Offenburg Strumbels Kesselhaus
Wir sehen rot!

Die besten Rezeptideen rund um die Tomate

Wusstet Ihr, dass es 14 000 verschiedene Tomatensorten gibt? Wir erzählen, was wir mit unseren Favoriten machen
Fein frankiert

So schmeckts im Straßburger Chere Amie

Straßburgs neueste Brasserie ist der Talk of the Town. Zu Recht! Unser Autor ist von so viel Stil und Genuss begeistert
Fast im Himmel

Dom – Grill Kitchen Bar in Karlsruhe

Das Dom soll ein geradezu himmlischer Ort sein – schließlich war das Restaurant früher eine Kirche. Aber stimmt es auch?
... Kolumnen Thumps up!