Die Schöne und der Beat

Von Wohnzimmer-Sessions auf Weltbühnen: DJane Jasmin Blust legt auf, was sie fühlt – verwurzelt in der Ortenau.

Text: Alexandra Monsch Fotos: Marie Vogt, Rocha Pedro Media

Der Bass grollt wie ein Sommergewitter durch die Menge. Lautsprecherboxen vibrieren, Köpfe nicken im Takt, Arme schwingen in die Höhe, während sich hunderte geschlossene Augenpaare der Musik hingeben. Es ist Festivalsaison – und mittendrin steht Jasmin Blust hinter dem DJ-Pult, flankiert von Lichtern, die durch Nebelschwaden schneiden. Fast jedes Wochenende heizt sie der Menge ein – große Bühne, weite Wiese oder stickiger Club, immer mit pulsierendem Rhythmus. Es ist ein Kontrastprogramm zu dem, was sie Heimat nennt: die ruhigen Nachmittage bei ihren Eltern im Dorf, bei Kater Luis, den sie regelmäßig besucht, oder die vertrauten Gassen der Offenburger Innenstadt. Für Jasmin gehört aber beides zusammen – Tourleben und Schwarzwald, Melodic Techno und Dorfstraße.

Aufgewachsen ist die 25-Jährige in Niederschopfheim, seit 2022 lebt sie alleine in Offenburg. Hier findet die DJane ihren Ausgleich: Freunde treffen, spontane Unternehmungen, einfach mal Pause machen. „Ich lebe meinen Beruf komplett – aber ich brauche auch die Leichtigkeit dabei.“ Mit ihren 25 Jahren ist sie nämlich schon viel unterwegs: Istanbul, Indien, zuletzt Kroatien – und doch hängt ihr Herz an Orten, die für andere unspektakulär wirken. „Offenburg ist mein Safe Space. Da kenne ich mich aus, da kann ich runterkommen“, sagt sie. Ihre Musik aber führt sie in andere Sphären. Der Sound, den sie spielt, ist treibend, melodisch, oft mit dunklem Einschlag und emotionalem Aufbau. Sie beschreibt ihn als eine Mischung aus „Melodic Techno mit Vocals, treibenden Bässen und Energie – fast schon wie ein Film, den man durchlebt“. Genau dieses Gefühl will sie rüberbringen.

Es begann mit einem Impuls

Dabei ist ihr Weg auf die Bühne noch gar nicht lange her. Ihren ersten Gig spielte sie im Dezember 2023 im Club Lux in Lahr – einem Club, den es heute schon nicht mehr gibt. Damals hatte ein befreundeter DJ sie gefragt, ob sie das Warm-up übernehmen möchte. Bedingung: Sie muss bis dahin fit sein. „Ich wollte unbedingt das erste Mal im Club auflegen. Ich hatte keine Ahnung, wie das alles geht – aber ich habe alles dafür getan, um es zu lernen“, erzählt Jasmin. Also übte sie, schaute Youtube-Tutorials, ließ sich von einem Freund die Programme zeigen. Kurz darauf kaufte sie sich Equipment und mischte fleißig ihre ersten Tracks daheim im Wohnzimmer. Irgendwann war es so weit. Dann stand sie endlich zum ersten Mal hinter dem Pult – ihre Familie und ihre Freunde waren im Publikum. Der Club war klein, das Herzklopfen groß.

Die Aufregung hat sie bis heute nicht abgelegt. „Ich bin immer nervös, bevor ich auflege. Besonders, wenn viele Leute da sind“, sagt sie. Doch nach den ersten Übergängen ist sie im Tunnel – ganz bei der Musik. Dann beobachtet sie das Publikum, spürt, wie die Menge reagiert, passt ihre Setlist spontan an. Was früher bis ins Detail durchgeplant war, funktioniert heute viel mehr nach Gefühl. Sie hat ein Gespür dafür entwickelt, was funktioniert. „Ich schaue, auf welche Tracks die Leute mehr abgehen – und dann gehe ich dem nach.“ Dass ihre Sets anders wirken, hört sie immer wieder. „Viele sagen, es klingt wie eine Reise.“ Für Jasmin ist dies das größte Kompliment. Es geht ihr nicht um bloßes Abspielen, sondern um Atmosphäre, einen Spannungsbogen, der die Leute mitnimmt. Dabei verwendet sie bewusst auch ruhigere Parts oder Tracks mit Vocals – ein Stilbruch, den man im klassischen Techno eher selten findet.

Zur Musik kam sie über die Leidenschaft fürs Hören. Schon als Teenager war sie bei jeder Party diejenige mit der Musik-Box, verbunden per Bluetooth. Als sie 2022 bei Tomorrowland in Belgien war und Tale of Us live sah – ein Duo, das sie bis heute inspiriert –, war für sie klar: Da will sie hin. „Ich wusste nicht mal genau, was da gerade passiert war – aber ich wusste, dass ich das auch machen will“, sagte sie sich. „Und wenn ich das will, muss ich’s ernst nehmen.“ Es dauerte nicht lange, bis sie bereit war für die Bühne – und nicht viel länger, bis die Bühne bereit war für sie.

Mehr als nur Musik spielen

Neben der Musik arbeitet Jasmin als virtuelle Assistentin – ein Job, den sie sich 2022 aufgebaut hat und der sich gut mit dem Tourleben vereinbaren lässt. „Ich kann von überall aus arbeiten – mein Laptop ist immer dabei.“ Inzwischen liegt der Fokus aber klar auf der Musik. Produziert wird mit ihrem Manager Andreas Schneider, den sie kurz nach ihren ersten Gehversuchen als DJane-Novizin kennengelernt hat. Auch da funktioniert vieles intuitiv. „Meistens passiert es einfach. Die besten Tracks sind die, die uns in drei bis vier Stunden wie von selbst gelingen“, sagen beide. Ihr bisher wichtigstes Release ist California Dreaming – ein Track, dem sie Leben eingehaucht hat mit starker Bassline und markanten Vocals. Genau das, was ihren Sound heute ausmacht. Das Produzieren sei oft ein Hin und Her. „Man probiert aus, verwirft Dinge, fängt neu an. Bei California Dreaming haben wir mehrere Versionen gemacht, die gingen dann rum wie ein Pingpong – bis am Ende die Version stand, die jetzt draußen ist“ – und bei Spotify in die Charts drängt.

Jasmins Stil hat sich mit der Zeit geschärft. Die Künstler, die sie prägen – neben Tale of Us auch Kevin de Vries oder Cassian –, zeigen sich auch in ihrer Musik. Trotzdem klingt sie wie sie selbst. Mit einer Mischung aus Klarheit, Antrieb und Gefühl. „Ich will, dass die Leute beim Hören etwas erleben.“ Dass sie sich als Frau in der DJSzene behaupten muss, erlebt sie bisher kaum negativ. „Ich habe ehrlich gesagt nur gute Erfahrungen gemacht“, sagt sie. Klar, sie kennt die Diskussionen über Konkurrenz und Stereotype – aber sie selbst wurde meist off en und freundlich aufgenommen. Auch Andreas bestätigt das: „Die Leute kommen immer zu mir und sagen: ,Och, die ist aber lieb.‘ Jasmin wird überall als sehr sympathisch aufgenommen. Kein bisschen arrogant, einfach offen und bodenständig.“ Ihr bisher schönstes Erlebnis? „Auf der Mainstage beim Sea You Festival in Freiburg zu spielen.“ Aber sie sagt auch: „Eigentlich genieße ich alles.“ Kein Gig gleicht dem anderen, und genau das macht es für sie aus. Und auch an Plänen für die Zukunft mangelt es bei der Ortenauer DJane nicht: Internationale Bookings, neue Produktionen – und irgendwann vielleicht selbst auf dem Tomorrowland spielen, einem der weltweit bedeutendsten Musikfestivals. Aber auch: gesund bleiben, Spaß haben, die Leichtigkeit nicht verlieren. Musik ist längst nicht mehr nur ein Job oder Hobby, es ist Jasmins Alltag und Reise zugleich. Das Gefühl, dass sich etwas bewegt, in ihr, in der Crowd, vor der sie aufl egt. Und der Rest kommt, wie er kommt.

#heimat Schwarzwald Ausgabe 50 (3/2025)

2025 ist #heimat 10 Jahre alt geworden – und jetzt folgt die 50. Ausgabe! 
Es gibt noch mehr Gründe, den Schwarzwald zu feiern: Wir leben in einem Wanderparadies, um das uns die Welt beneidet. Ausgetretene Pfade? Gibt’s nicht. Unser Autor Pascal hat im Nördlichen Schwarzwald ordentlich Strecke gemacht und den Ostweg für Euch erkundet. Ein Geheimtipp für Fernwanderer. Zu sportlich? Dann lasst Euch von Wander-Influencer Hegefire für Microabenteuer in der #heimat begeistern, die im Herbst einfach Lust auf Draußen machen.

Energie dafür liefern leckere Kartoffelgerichte, Brot und Kuchen aus dem Backhäuschen und Cocktails aus selbst gesammelten Zutaten. Ihr liebt es, die Rezepte aus unserem Magazin nachzukochen, bräuchtet aber ein paar Tipps für noch mehr Spaß in der Küche? Wir zeigen Euch, wo Ihr im Schwarzwald richtig tolle Kochkurse machen könnt.

Außerdem waren wir bei der Verleihung des Kuckuck-Awards dabei. Danke an alle, die für ihre Genusshelden abgestimmt haben! Wir freuen uns darauf, Gastgebern, Köchen und anderen Genusshandwerkern noch viele Ausgaben weiter eine Bühne zu bieten. Seid dabei!

Weitere tolle Artikel aus der #heimat

Menschen

Holz, Hütten und Sägs-Appeal

Waldeinsamkeit ja, Hütte fehlt: In Loßburg zeigt Ralph Pfersich, wie man selbst eine Blockhütte baut.
Restaurants

Jacobi Freiburg – Sterneküche mit Herz und Überraschungen

Jacobi in Freiburg: Fine Dining, junge Küche und schon nach einem Jahr mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet.
Schwarzwald

Der Ostweg – Von Pforzheim bis Schaffhausen

Auf dem Ostweg von Pforzheim nach Schaffhausen: 250 km Schwarzwald pur mit Natur, Kultur & Genuss.
Schwarzwald

Kartoffelrezepte des Schwarzwalds kreativ und lecker!

Wir lieben Kartoffeln! Du auch? Dann wirst Du auf den nächsten acht Seiten Deine knollengelbe Freude haben. Denn wir haben in der Kartoffelstadt Offen...
... Menschen Die Schöne und der Beat