Ben und sein Bangkok

In Bangkok geht dem Freiburger Ben Kindler das Herz auf – denn wie viele Köche ist er von Natur aus neugierig. Die Liebe zu badischem Wein aber bleibt

Text: Pascal Cames Fotos: Joss Andres

Kindheitsträume. Der eine will Lokomotivführer werden, der andere Formel-1-Pilot, Trucker oder Astronaut. Viele sind froh, dass sie doch was anderes geworden sind, andere freuen sich wie Bolle, dass es geklappt hat. Einer, der geworden ist, was er werden wollte, ist Ben Kindler, 38, aus Freiburg. Er wollte Koch werden, wurde Koch und heute hat er eine Kochschule, die er nach seinem Kindheitsspitznamen „Bensels“ benannt hat.

Küche und kochen lagen bei Ben fast schon im Blut. Ein Verwandter ist der Endinger Metzger- und Küchenmeister Markus Dirr, der mit Schinken und Salami deutschlandweit bekannt ist.

Aber zurück zu Ben. Auf die Idee, Koch zu werden, kam er im Kinderkochkurs. Die Tomatensuppe war furchtbar, aber die Leidenschaft blieb. „Landwirt wäre ich auch geworden“, sagt Ben. Als junger Kerl las er Essenszeitschriften und Kochbücher von Bocuse. Er wusch Teller im Restaurant, zuerst in den Ferien, dann unter der Woche. Als Spüler konnte er sich einiges abschauen und als ein Lehrling sich allzu langsam anstellte, durfte Ben Gardemanger (Koch der kalten Küche) sein. Was für ein Erlebnis!

Freiburg, Tirol, große Welt

Die Schule ging derweil den Bach runter, Ben blieb sitzen, wiederholte, machte seine Mittlere Reife und fing dann in der Eichhalde in Freiburg-Herdern eine Kochlehre an. Die Eichhalde war berühmt, die feine Küche war Programm. Wie so viele Köche wollte er auch reisen, aber wohin? Über eine Kollegin kam er nach Lech am Arlberg, wo er gleich die Küche einer Edel-Skihütte leiten durfte. „Alles war schön“, sagt Ben. Aber es wäre noch schöner gewesen, wenn er Kartoffelsalat gekonnte hätte. Oder Rindfleischsalat. „Ich hatte die Basics nicht drauf!“ Und die wurden erwartet. Die Bergfexe und Skihasen wollten weder Austern Rockefeller noch Hummer, sondern handfestes, gut gemachtes Essen auf dem Teller. Also brachte er sich in langen Nächten die österreichischen Klassiker bei und tags wurde gekocht. Aber was macht so einer im Sommer? 

Bensel wollte ja eigentlich reisen. Österreich war gut, aber klein und die Welt draußen groß und interessant. Thailand war sein Ziel … Ein Kellner sagte ihm, dass Dubai top wäre.  „Dubai ist erst der Anfang. Dann bist du in der Liga!“ Ben telefonierte mit dem Manager eines 5-Sterne-Hotels und da er nur Schulenglisch konnte, verstand er nur die Hälfte, sagte aber immer „yes“.

Welcome, Mister Kindler! In Dubai musste er sich mehr als einmal die Augen reiben. Er lebte in einem abgesperrten Areal, eine Schicht dauerte sechs Tage. Das Luxus-Hotel war noch in der Testphase und ließ drei Monate lang (!) jeden Tag mittags und abends 80 Menüs kochen, einfach so, nur damit die Küche in Schwung kommt und dann wie ein Uhrwerk arbeitet. „Alles für den Mülleimer“, erinnert sich Ben mit Schaudern an diesen Wahnsinn. Von Nachhaltigkeit keine Spur. Ein halbes Jahr blieb er, dann ging er nach Süddeutschland, in die Schweiz und dann war es auch genug. 

Er plante eine Kochschule und überbrückte die Zeit bei Markus Dirr. Den perfekten Umgang mit Fleisch lernen und dann auf einen Biobauernhof, auch zum Lernen.

„Ich habe mich in das Land verknallt“

Vor zehn Jahren eröffnete er in Freiburg seine Kochschule. Von Anfang an war klar, dass hier was Besonderes läuft. Er macht nur das, was er kann. Also kein Sushi, dafür aber Thaiküche, italienische Küche, badische Küche und Specials wie ein Innereien-Kochkurs. Zu jedem Essen gibt es ausgesuchte Weine von Top-Weingütern. Die Kochschule ist klar, übersichtlich und freundlich eingerichtet. Wer als Teilnehmer aktiv mitmachen will, kann das tun. Wer lieber beim Zwiebelschneiden zuschaut, macht das mit einem Glas Kaiserstühler in der Hand. Auch Zwiebeln schneiden und Wein trinken ist möglich. Kein Problem! Manche „Schüler“ kämen immer wieder, auch wenn sie vor zehn Jahren schon mal einen Thaikurs gemacht haben, erzählt Ben. Er selbst kann sich an Thailand auch nicht sattsehen und sattessen. „Ich habe mich in das Land verknallt“, sagt er und schwärmt von der Freundlichkeit, dem Lächeln und dem Easy-going-Lebensgefühl. Manchmal bietet er Marktspaziergänge an und verblüfft damit auch diejenigen, die denken, dass sie den Freiburger Münstermarkt schon kennen. „Was? An den Stand, da wäre ich nie hingekommen!“

Ben, der eigentlich immer noch wie Bensel oder der junge Jamie Oliver ausschaut, verblüfft gerne die Leute, wie man ihm im Gesicht ablesen kann. Einmal machte er was ganz Simples: Forchheimer Kartoffeln, Quark aus dem Schwarzwald, Dill, eine Prise Fleur de Sel und ein bisschen Olivenöl. „Die Leute sind ausgeflippt“, lacht er. 

Gerade das Einfache in der Küche mag er und rattert „Kartoffelsalat, Brägele, Linsensalat“ herunter.  Alles klar, badisch! „Ich bin heimatverbunden und bodenständig. Ich greife in die Welt und verändere die Gerichte.“ So ist es nur logisch, dass es Klassiker wie geschmorte Kalbsbäckle auf thailändische und badische Art gibt. Nur beim Wein gibt es keine Alternativen, der muss definitiv badisch sein. 

 

Nachhaltigkeit trifft Genuss

„Kalbsbäckle sind mein Lieblingsthema“, sagt er, aus zweierlei  Gründen. „Die Verwertung vom ganzen Tier ist mir wichtig.“ Normalerweise würden die Kalbsbacken in die Wurst gehen, weil viele (Köche) nichts mehr damit anzufangen wissen. Darum gibt es sie beim Metzger oft nur noch auf Bestellung „Das Fleisch ist fest, kompakt, fasrig und wird erst beim Schmoren butterweich und zergeht auf der Zunge“, sagt Ben. „Für mich ist das so einmalig wie ein Rinderfilet.“ Die badische Variante wird mit Rotwein gekocht und ist mehr für den Herbst oder Winter, natürlich mit Kartoffelbrei, der die kräftige Soße aufsaugt. 

Mit Kokosmilch wird alles ein bisschen leichter und milder und das Fleisch noch zarter. Hier kommt kein Alkohol in die Soße. In der Soße kann man Gemüse köcheln (siehe Rezept), aber nicht verkochen lassen. Als Wein passt prima ein Sauvignon blanc oder ein Riesling mit Restsüße. Dazu gedämpfter Jasminreis. Welche Variante mag er lieber? „Alles zu seiner Zeit“, sagt er. Sicher ist, an der  Thaiküche mag er Limetten, Zitronengras, Minze und andere Kräuter. Solche Aromen würden die ganze Zunge anregen. „Da ist mehr als nur sauer und salzig!“ Nach einem Thai-Essen stellt er fest, dass „man isst, aber doch kein Völlegefühl hat“. Damit ist er ganz auf der Linie von Paul Bocuse, der das vor langer, langer Zeit auch schon mal als Ziel formuliert hat. Es schließt sich ein Kreis – aber zu Ende ist die Story von Ben noch lange nicht. 

Bensel

Ben „Bensel“ Kindler fährt Rad oder VW-Bus, hört am liebsten Udo Lindenberg und hat sich seine Liebe zum Kochen erhalten. Der gelernte Koch lebt in Freiburg, wo auch seine Kochschule Bensels ist. Alle paar Jahre schreibt er ein neues Kochbuch. Das erste spielte die Asiaküche, das zweite die badische Küche, sein aktuelles Buch widmet sich dem „Bangkok Original Streetfood“ (erschienen im AT Verlag) 

Mehr dazu: www.bensels.de

#heimat Schwarzwald Ausgabe 22 (5/2020)

Der Schwarzwald ist ein Paradies für Mountainbiker. Für Anfänger und Profis hat es bei uns Strecken, bei denen einem nicht nur vor Anstrengung die Spucke wegbleibt! Und wenn Euch nach einer Tour dann der Hunger plagt: Dann hätten wir leckere Apfelgerichte für Euch. 

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

 

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