Auch als wir später tanken müssen – die Tankanzeige hüppelt übrigens ebenso unkontrolliert zwischen viertelvoll und viertelleer wie die Tachonadel –, machen wir das mit Freude. Ob der Liter Super Plus nun 1,70 oder 1,90 kostet? Eigentlich egal, denn wir fahren so bewusst Auto wie vielleicht noch nie. Die Schwarzwald-Rallye für Genießer – perfekt organisiert von der Baiersbronn Touristik – macht ihrem eigenen Anspruch alle Ehre. Wahnsinn, wie der Fahrtwind den Kopf frei pustet und man plötzlich Lösungen für Dinge findet, mit denen man sich vorher über Tage geplagt hat. Übrigens: Wir haben uns gerade verfahren. Irgendwo da hinten in Seebach hätten wir links abbiegen müssen. Aber Jigal hat eben Fotos gemacht, ich die Fahrt genossen und so dürfen wir jetzt drehen. Egal, gehört auch dazu! Zumal der Schwarzwald uns jetzt so richtig verwöhnt. Fast peinlich, dass wir hier in Grimmerswald noch nie waren! Oder nachher in Sprollenhaus – nie gehört! Völlig crazy, wie viel Heimat man entdecken kann, wenn man mal andere Wege fährt!
What about Mississippi?
Die nächsten beiden Wertungsprüfungen überfordern uns wieder. Einmal hält uns ein mühsam den Berg hinaufkriechender Pellet-Laster auf (Ist das Karma? Die Rache der Grünen?) und dann lernen wir, dass der alte Pfadfindertrickmit ein Mississippi, zwei Mississippi doch deutlich ungenauer als ein Zeiteisen ist. Wie dappig wir uns anstellen! Die akademische iPhone-Generation scheitert an einer mechanischen Stoppuhr und den Mathe-Aufgaben aus der sechsten Klasse. Zum Totlachen!
Fast wie Walter Röhrl, oder?
Glücklicherweise haben wir noch ein paar Chancen. Und tatsächlich rollen wir bei unserer vierten Prüfung auf die Sekunde genau über den Zeitnehmer-Schlauch. Wow! Wir fühlen uns ein bisschen wie Walter Röhrl oder Sébastien Loeb – aber leider nur bis zur Kaffeepause. „Auf die Sekunde genau?“, lacht ein alter Hase. „Das reicht nicht! Die besten von uns fahren auf zwei, drei Hundertstel genau! Aber schön, dass ihr’s versucht!“ So viel zu den Wertungsprüfungen. Es kommen noch mehr, wir reden nicht mehr drüber, aber erfahrene Rallye-Piloten wie die Lahrer Auto-Enthusiasten Sabine und Stefan Krauss mit ihrem Mustang kommen bestimmt so richtig auf ihre Kosten. Wir dagegen genießen einfach die Fahrt durch den Nationalpark (auch bei Pilzen nicht anhalten, gar nicht so einfach), schwelgen in grandiosen Panoramablicken, lauschen dem herrlichen Brabbeln des Healey- Motors und erfreuen uns am Duft des Schwarzwalds: Das Eau de Bois der Sägewerke, das frisch gemähte Heu und den würzigen Duft des Waldes auf kleinen Nebenstrecken. Eins ist jetzt schon klar: Diese Strecke fahr ich noch mal. Einfach als Ausflug mit der Family oder mit dem Moped.
Jetzt aber mal Gas geben!
Irgendwann haben wir einen Marcos 1600 GT vor uns. Ein englisches Kit-Car aus der Zeit der Beatles, das aussieht wie eine Kreuzung aus E-Type und Ferrari. Kaum zehn Millimeter hängt der Auspuff über dem Boden, in entsprechend wilden Schlangenlinien umkurvt sein Fahrer Jens Oberst jede Unebenheit im Asphalt und jagt hinter einem Triumph TR5 Roadster aus Andermatt den Berg hoch. Da machen wir mit! Die Straßenverkehrsordnung hat nichts dagegen, ein Tempolimit ist nicht zu sehen und schon fliegen wir in Formation Richtung Baden-Baden. Hinter uns noch ein Ferrari 330 GTO und vor uns lauter traumhaft schöne Kurven und Spitzkehren. Mein Freund Dominic wollte eigentlich Rennfahrer und nicht Hotelier werden – er wird verstehen, wenn ich den Healey mal ein bisschen höher drehen lasse …