Auf der Suche nach dem echten Schwarzwälder Speck

Nur ein Prozent der Tiere für unseren Schwarzwälder Schinken kommt aus der Region. Uwe Baumann hat den „echten“ gefunden

Text: Stephan Fuhrer · Fotos: Michael Bode

Am Anfang war da diese Zahl: 4,5 Millionen Schweine sollen Jahr für Jahr zu Schwarzwälder Schinken verarbeitet werden – eine offizielle Angabe des Schutzverbandes der Schwarzwälder Schinkenhersteller. Und darin sind noch nicht einmal diejenigen enthalten, die hier ihren Speck machen und nicht organisiert sind. Auf rund sechs Millionen Schweine rechnete Speck-Fan Uwe Baumann die Gesamtzahl hoch. Aber gibt es tatsächlich so viele im Schwarzwald? Der Lahrer forschte nach – und kam auf eine andere Zahl: 2016 lebten in der Region gerade einmal 62 937 Schweine, inklusive rund 6000 Muttersauen. Das sind also rund ein Prozent von den Tieren, die zu unserem ach so prestigeträchtigen Schwarzwald-Symbol verarbeitet werden könnten. Der Rest kennt unsere #heimat nur vom Schlachthof. Wenn überhaupt …

Die Neugierde des Initiators von „Kosmos Schwarzwald“ war jedenfalls geweckt. Wo gibt es ihn denn überhaupt noch, den echten Schwarzwälder Schinken und Speck? Und was zeichnet ihn aus? Und wo kommt der Kult überhaupt her? Uwe setzte sich ins Auto und fuhr von Tal zu Tal. Am Ende seiner Reise hatte er insgesamt 250 Speckproben hinter sich und 60 Rezepte eingesammelt. Seine Erfahrungen hat er in einem Buch zu Papier gebracht: „Speck:takel“ heißt das gerade erschienene Werk, ein Kult- und Kochbuch rund um den Schwarzwälder Speck. Es gibt sie nämlich noch, die gute Breitseite. Man muss nur wissen, wo.

Auf dem Wittentaler Baldenwegerhof zum Beispiel, wo Hofherr Bernd Hugs Schweine sich gerne mal zum Gruppenkuscheln auf einem gemeinsamen Strohlager treffen. Oder bei Franz-Josef Kaltenbach im Hornberger Ortsteil Niederwasser, der seine Leidenschaft auch in Speckseminaren vermittelt und die eigenen Tiere direkt auf seinem Hof in der eigenen Schlachterei verarbeitet. Von Martin Müllerleile vom Schuttertäler Kasperhof hatten wir Euch ja schon in unserer allerersten #heimat-Ausgabe berichtet. Auch er darf in der Liste nicht fehlen. „Specktologen“ hat Uwe seine Spezialisten liebevoll getauft und den Bauern und Metzgern, die nach guter alter Väter Sitte ihre Arbeit verrichten und dabei immer auch das Tierwohl im Auge behalten, ein ganzes Kapitel gewidmet. 

„Ein guter Speck stammt nicht von Hybridschweinen aus Massentierhaltungsställen von irgendwoher, in denen teilweise bis zu 60 000 Tiere 

im Schnellgang gemästet werden“, sagt Uwe. Dieser Meinung schließen wir uns gerne an: „Ein Speck, der den Titel „Schwarzwälder“ verdient, sollte schon von einem Schwein stammen, das im Schwarzwald unter guten naturgemäßen Bedingungen gehalten, gefüttert, großgezogen und dort auch stressfrei geschlachtet wurde.“ Von Flüssigrauch und oder künstlich erzeugten Raucharomen hält auch Baumann wenig. „Es ist ja allein schon eine eigenartige Entwicklung, dass der Fettanteil oftmals quasi weggezüchtet wird, weil Verbraucher das angeblich so wünschen.“ 

Dabei hängen Name und Fett sogar unmittelbar zusammen. „Das Wort ‚Speck‘ entstammt dem mittelhochdeutschen ‚spec‘ und dem althochdeutschen ‚spek‘ und meint nichts anderes als ‚Fettes‘, erklärt uns Uwe. In offener Stallhaltung lebende Tiere setzten es automatisch als Schutz an. Fett und Muskelfleisch brauchen sich in ihrer gegenseitigen geschmacklichen Ergänzung und Entfaltung. Das macht das Ganze erst richtig lecker. „Gutes Fett ist bester Geschmacksträger“, sagt der genusserfahrene Schwarzwälder. Außerdem enthält ein gutes Stück Speck von gesund gehaltenen Schweinen wichtige Nährstoffe. 

Wie aber kann man rauskommen aus diesem Massendilemma? Pflege und Förderung von alten Landrassen, naturgemäße Haltung, beste Fütterung, gekonntes Handwerk und die Beigabe der wertvollen Zutat Zeit während der gesamten Herstellung: Das würde die angebotene Menge automatisch in Richtung echter Qualität und stimmigen Preisen bringen, meint Uwe. „Schwarzwälder Speck darf durchaus wieder eine besondere Rarität werden.“ Ein solcher Speck, in dem 100 Prozent Schwarzwald steckt, habe die Bezeichnung „Schwarzwälder Schinken“ verdient. Alles andere könne ja dann „Speck oder Schinken nach Schwarzwälder Art“ heißen. 

Uwe will weiter dranbleiben am Thema. Das ist gut für unsere Bauern und Metzger. Und am Ende auch gut für unsere #heimat …

#heimat Ortenau Ausgabe 9 (4/2017)

Mit Lego und Käsefondue machen wir uns winterfein - und behalten das Wild so lange im Visier, bis es auf dem Teller liegt...

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

Versandfertig in 1 - 3 Werktagen.   

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