Regionale Melonen vom Kaiserstuhl – frisch aus Eschbach

Melonen aus dem Markgräflerland: Stefan Gamb baut regionale Panzerfrüchte für den Süden Deutschlands an.

Text: Pascal Cames Fotos: Daniel Schoenen

Der große, bärtige Mann mit schwarzem Haar und Designerbrille könnte glatt als Computer-Nerd durchgehen, der gleich ins Wochenende braust. Aber falsch gedacht, Stefan Gamb (46) fährt mit seinem Schlitten auf den Acker, wo gerade ein Feld abgeerntet wird. Zeit hat er wenig, Arbeit aber viel. Stefan Gamb ist der Melonenkönig von Deutschland. So gut wie alle Supermärkte südlich von Frankfurt haben seine Früchte. Natürlich würde er sich so nie nennen. Dafür ist er viel zu bescheiden, viel zu sehr Markgräfler, viel zu sehr einer von vielen.

Bauer sucht Aufgabe

„Mindesten fünf Generationen“, sagt er über die Hofgeschichte beim Kurbeln und Schalten, wenn er von einem Feldweg auf den nächsten einbiegt, der 500 Meter weiter wieder  in den nächsten Feldweg abzweigt. Seit mindestens fünf Generationen gibt es die Gambs in Eschbach — oder länger. So genau weiß das keiner. Bloß eines zählt: „Die Vision der Generation“, will heißen, der Vater war schon auf dem Acker, der Großvater, der Uropa und andere vor diesem. Same same but different, jeder macht’s halt ä bissl anders und Stefan nochmal eine Nummer größer. Stefans Vater kultivierte Kartoffeln und Zwiebeln, er ist bei den Melonen gelandet. Ein Grund dafür waren neue Sorten, die mit dem süddeutschen Wetter gut klarkommen.

Ein andere Grund: „Ich pflanze nur, was mir schmeckt.“ Mit seiner Schwäche für die Südfrucht ist Stefan nicht alleine. Da die Deutschen viel reisen, ändern sich auch die Essgewohnheiten. Brachte früher die Essiggurke Frische auf den Vesperteller, so ist’s heute die Wassermelone. Sie passt perfekt zum Schinken. Was im Urlaub mundet, will man dann auch daheim futtern. Darum Melone.

Das Thermometer zeigt 30 Grad Celsius. „Alle drehen durch“, japst Stefan. „Heute bestellen, morgen liefern“, lautet das Programm, denn der Lebensmittelhandel (hier sind seine Abnehmer) will und muss die Kundschaft versorgen.  Denn: Gibt es bessere Durstlöscher als Melonen?

Werfen, fangen und ab in die Kiste

Stefans erstes Melonenfeld war 1000 Quadratmeter groß. Es funktionierte und Jahr für Jahr wurde die Anbaufläche vergrößert. Jetzt sind wir bei 100 Hektar, das sind, um sich das mal besser vorzustellen: 140 Fußballfelder. Damit die Böden nicht auslaugen, tauscht er Jahr für Jahr die Felder mit Kollegen, die zum Beispiel Mais anpflanzen. So haben alle etwas davon. Vier Sorten hat Stefan im Programm. Bei einer Sorte werden so gut wie alle Früchte gleichzeitig
reif. Diese Sorte wird auf den Feldern angepflanzt, die von Eschbach am weitesten entfernt liegen. So werden Fahrtkosten gespart.

Auf einem von Stefans Feldern geht’s gerade zu wie beim American Football. Ständig werden Bälle geworfen und gefangen. Einer bückt sich und wirft mit möglichst geringem Kraftaufwand seinem Kollegen den Ball zu, der dreht sich und wirft dem nächsten den grünen Ball zu, der wiederum lässt das grüne Etwas auf den Anhänger fliegen, wo der vierte Mann steht, der fängt und im nächsten Augenblick den Ball – klar, die Melone – in eine Kiste setzt. Vier Fänger stehen auf dem Anhänger, vier Dreierteams stehen links und rechts des Anhängers und werfen im Sekundentakt – und immer schön im Rhythmus. Sobald alle zehn Kisten voll sind, ist zehn Minuten Pause. In jeder Kiste sind circa 500 Kilo Melonen drin, die zwischen 1,5 und 4 Kilo wiegen. Während der Pause hören die Leute Musik, rauchen, quatschen. „Die Teams müssen sich gut verstehen“, sagt Stefan, „denn sonst läuft es nicht.“ Auf den Wagen kommen nur die reifen Früchte. „Vorher geht einer durch und schneidet die Melonen ab“, erklärt Stefan, denn „nicht jeder erkennt eine reife Melone.“

Bitte keine Hitze!

Während es vor und auf dem Wagen Schlag auf Schlag geht, nimmt sich Stefan die Zeit, bückt sich ins Gestrüpp und greift in die Blätter, die sich enorm rau anfühlen. Darunter liegen die grünen Kugeln. Er nimmt eine in die Hand und zeigt auf die helle gelbe Fläche. Daran würde man erkennen, dass sie reif zum Essen ist. Aber wie schmeckt sie ihm? Sie muss bissfest sein, dazu süß. Jeder kennt Melonen, die sich wie Brei im Mund anfühlen. So sollen sie nicht schmecken!

Das könnte aber passieren, wenn die Temperaturunterschiede zu groß sind. 30 Grad am Tag, nachts dann zehn Grad. würden die Zellstrukturen zerstören. So robust die „Panzerbeeren“ (Wikipedia) sind, so sensibel sind sie auch. Zwar wachsen Melonen dort, wo’s im Sommer eine Bullenhitze hat,  Spanien, Ungarn, Italien, Griechenland, aber 40 Grad packen sie auch nicht. 34 Grad wie im Markgräflerland sind hart an der Grenze, weiß Stefan. 20 Grad wären ideal. Natürlich brauchen sie Dünger, dazu ausreichend Wasser, das mit einer Tröpfchenanlage direkt an die Pflanze kommt. Wie bei allen Profis zählen auch bei ihm jeder Schritt und jede Kleinigkeit. Die Pflanzen müssen bestäubt werden. Also liegen sogenannte Hummeltaschen zwischen den Bahnen, die dann die weiblichen Pflanzen bestäuben. Was die Ernte schmälert, sind Hasen und Saatkrähen sowie Pilze.  Sind die Nächte zu kühl, liegt morgens Tau auf den Melonen. Mit der Wärme entsteht dann ein tolles Biotop für Pilze. „In drei Tagen sind sie dann futsch.“ Da aber das Markgräflerland dank seiner Warmluft so etwas wie das gelobte Land für Obst- und Gemüsebauern ist, passiert das zum Glück nur selten. Sobald die Melonen geerntet sind, geht der Rest auch schnell. Sie werden auf Stefans Hof in einer großen Halle gewaschen, sortiert, etikettiert, verpackt, verladen. Heute bestellt, morgen früh erntefrisch angeliefert.

Obwohl Stefan von April bis Ende September im Melonenmodus lebt, schmeckt ihm die Frucht immer noch. Wenn er in Urlaub fährt, dann dorthin, wo die Melone wächst, wie zum Beispiel nach Andalusien. Oder er fliegt nur der Melone wegen nach Brasilien, wo sie es am besten machen mit dem Pflanzen und Ernten, sagt Stefan.

Jetzt müssen wir mal probieren!

Und wo schmecken die Melonen am besten? „Bei mir“, tönt Stefan. Mit einer langen Messerklinge schneidet er geübt ein Gitternetz ins rote Fruchtfleisch. Das Fingerfood wird in ein paar Minuten gevespert und übrig bleibt die grüne Hülle. Die Sorte, die ihm am besten schmeckt, ist übrigens die „1734“, die eigentlich längst einen anständigen Namen haben sollte. „Die Sorten werden meist nach den Regionen benannt, wo sie am meisten konsumiert werden“, erklärt Stefan. Vielleicht sollte die 1734 dann einfach „Eschbach“ heißen?

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