Hühner ohne Pille

Bei Anne Körkel haben Hähnchen Platz und Zeit, ehe sie auf dem Teller landen. Wohl deshalb schmecken sie auch so lecker!

Text: Pascal Cames · Fotos: Michael Bode

Mastställe ohne Tageslicht und mit über 10 000 Hühnern sind in Deutschland keine Ausnahme, sondern die Regel. Bei einer Kurzmast teilen sich 26 Hühner einen Quadratmeter Fläche. Wen wundert’ s, dass da das Federvieh extrem nervös und anfällig für Krankheiten ist? Von glücklichen Hühnern kann gar nicht die Rede sein. Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel von Anne Körkel aus Bodersweier. Annes Federvieh hat Stall, Sonne und Platz genug zum Picken und Scharren. Kikeriki! 

 „Jung, dynamisch, wollen!“, so beschreibt die umtriebige Landwirtin und Agraringenieurin ihre Gefühls-lage, ehe sie Hühnerzüchterin wurde. Die mit Mann Sebastian und den beiden Kindern in Bodersweier lebende 33-Jährige kommt aus dem Norden. Das hört man sofort, auch wenn sich schon „isch“ und „bisch“ in den Wortschatz geschummelt haben. „Ich bin eine Hamburger Deern“, sagt sie. Dort ist sie geboren, aber aufgewachsen ist Anne auf einem Bauernhof bei Lüneburg. Sie studierte Landwirtschaft und wurde zweimal niedersächsische Pflügemeisterin. Bei einer dieser Meisterschaften lernte sie dann den baden-württembergischen Superpflüger kennen. Man ahnt, wie die Geschichte ausgeht: Anne machte sich in Norddeutschland vom Acker und ging der Liebe wegen nach Bodersweier. Aber nach zwei Wochen Elternzeit kam der Blues. Was also tun? 

„Mach doch in Hähnchen, dafür gibt es eine Nachfrage“, wusste die Schwiegermutter. Klasse Idee! Seit 2015 gackert es bei Körkels aus 500 Schnäbeln. Wa-rum nicht mehr? Immerhin gibt es Ställe mit 40 000 Hühnern, die in nur fünf Wochen schlachtreif sind. „Ich habe doch schon 500, das ist eine Menge“, sagt die Hühnerzüchterin, die es nicht industriell will. Weil die Stallgröße stimmt, die Hühnerschar nicht zu groß ist und die Hühner keinen Stress haben, braucht sie auch keine Antibiotika zu geben. Die Küken der Rasse Ranger Classics bezieht sie aus NRW, aber sonst ist alles regional. Weizen, Mais, Gerste und die anderen Zutaten der Futtermischung stammen aus der Region.Geschlachtet wird in Altenheim. 

Glückliche Hühner? Ja, ein Blick in den Stall überrascht ungemein. Annes Hühnerbehausung ist mit 54 Quadratmetern geräumig und hell, es riecht nach Streu und nicht nach Hühnerkacke. Die Gockel und Hennen haben Futter- und Spielzone, dazu ein Außengelände und können hier wie dort und drinnen wie draußen scharren, was sie am liebsten tun: Sie gackern, rennen rein und raus, pennen selig vor sich hin, drehen neugierig ihren Kopf und schnabulieren am Trinkbrunnen. Eine kleine Henne, von Anne als „die Feinschmeckerin“ erkannt, weil sie nur Mais mag, wackelt zum Trinkbrunnen. Aber es vergeht keine Minute, da wird sie schon von einer fetten Henne weggedrückt. Hackordnung nennt man das. 

Sieben bis acht Wochen verbringen die Hühner im mobilen Hühnerhaus, danach sind sie schlachtreif. 

Damit sich der aufgepickte Boden wieder erholen kann, rollt das Hühnerhaus einfach ein paar Meter weiter. Dann wird noch ein großer Zaun drumgezogen und fertig ist das Hühnerparadies unter hochstämmigen Streuobstbäumen. Die braucht es zum Schutz. Denn nicht nur die Kunden zwischen Baden-Baden und Freiburg haben Annes Hühnerschar zum Fressen gern, sondern auch der Habicht. Tatsächlich kreist schon einer am blauen Himmel. „Der packt das nicht“, grinst Anne, „Meine Tiere sind für den viel zu schwer.“ Die Hühner bringen um die zwei Kilo auf die Waage. 

So viel Mühe wird belohnt: Gerade ist eine landwirtschaftliche Fachzeitschrift auf Anne und ihre glücklichen Hühner aufmerksam geworden und hat sie zur Unternehmerin des Jahres gekürt. Weil sie eigenverantwortlich eine regionale Marke geschaffen hat und die Social-Media-Kanäle nutzt, um ihren Kunden punktgenau das zu liefern, wonach sie suchen. Nach solchen Konzepten kräht der Hahn ...

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