Holz, Hütten und Sägs-Appeal

Waldeinsamkeit ja, Hütte fehlt: In Loßburg zeigt Ralph Pfersich, wie man selbst eine Blockhütte baut.

Text: Daniel Oliver Bachmann Fotos: Ulrike Klumpp

Ein ruhiges Leben zwischen Wald und See, nur ein paar Tage Arbeit im Jahr – klingt gut, oder? Diesen Traum lebte der Schriftsteller Henry David Thoreau, Autor des Literaturklassikers Walden, 1843 in einer Blockhütte in Massachusetts. Seitdem gilt die vergleichsweise einfach zu bauende Behausung aus übereinanderliegenden, rohen oder bearbeiteten Holzstämmen als der Inbegriff von Naturverbundenheit und Ursprünglichkeit. Wer sitzt nicht gerne in einer Hütte am Feuer und beobachtet Tiere durchs Fenster? Für den ersten Schritt zur perfekten Waldeinsamkeit muss man nicht einmal nach Nordamerika reisen, eine Fahrt nach Loßburg bei Freudenstadt reicht. Dort gibt Blockhaus-Bauer Ralph Pfersich sein Wissen weiter. Na dann, los!

Wer den Kurs bei Ralph bucht, lernt am Rande des Nationalparks Schwarzwald die Grundlagen der Rundstammverbauung, übt, mit Motorsägen, Schleifscheiben, Fräsköpfen und Naturdämmstoffen umzugehen, und geht am Ende mit der Planung der eigenen Hütte plus einer Bauherren-Notfallnummer nach Hause. Unter dieser ist Ralph Pfersich zu erreichen, sollte ein Problem beim Bau auftreten. Kommt das oft vor? Der Blockhausbauer lacht. „Von mehr als 6000 Teilnehmern, die in meinen Kursen waren, hatte keiner einen Notfall. Dafür die eine oder andere eine Frage. Dann heißt es anrufen, und schon kann man weiterbauen“, sagt er.

Stamm für Stamm wird gebaut

6000 Teilnehmer? Offenbar träume nicht nur ich davon, wie einst Thoreau wildromantisch in einem Blockhaus zu leben. Baumaterial gibt es hier im Schwarzwald jedenfalls genug. Ralph arbeitet am liebsten mit Weißtannen aus Höhenlagen, für ihn „die Königin des Waldes“. Weißtannen eignen sich zum Bau einer einfachen Schutzhütte, für Saunas, Carports oder auch für ganze Einfamilienhäuser. Der Nadelbaum ist bekannt für seinen schönen Wuchs, ist frisch eingeschlagen ein schweres Holz und hat sein Harz in der Rinde, was nach der Entrindung eine gute Sache ist. Dazu trocknet der Nassholzkern von Weißtannen nicht so schnell, dadurch lässt sich der Stamm gut verarbeiten.

Mit der Königin des Waldes wollen wir bei Ralph bauen lernen, oder wie es der Kursleiter ausdrückt: „Stamm um Stamm ziehst du dein Projekt nach oben.“ Tatsächlich kann er ein Portfolio äußerst schicker Blockhäuser präsentieren, die Teilnehmer seiner Kurse schon „nach oben gezogen haben“. Oder man lässt sich einfach von Ralph eines bauen. Er hilft dann bei der Planung und schreibt die Holzliste für den Förster, damit dieser weiß, welche Durchmesser und Längen benötigt werden. Das eingeschlagene Holz wird zum Sägeplatz transportiert und sofort entrindet. Das passiert mit Wasserdruck von 350 bar und ist harte Arbeit. Gut für den, der nicht selbst baut, sondern bestellt hat …

Was tun, wenn das Haus schrumpft?

Doch halt, so schnell lassen wir uns nicht die Butter vom Brot nehmen! Thoreau hat seine Hütte selbst gebaut, und ich will es auch. Deshalb höre ich genau zu, als Ralph zu den Feinheiten des Blockhausbaus kommt. „Verarbeitetes Frischholz hat einen Schwund von circa 6 Prozent im Durchmesser“, erläutert er. „Das bedeutet, drei bis vier Jahre lang wird das Haus immer kleiner. Und zwar bis zu 17 Zentimeter pro Stockwerk, das ist ungefähr eine Treppenstufe.“ Natürlich weiß der Baumeister, was dagegen zu tun ist: Fenster und Türen setzt man in Zargen, Abwasserrohre haben Muff en, damit sie gleiten können.

„Das eigentliche Problem beim Blockhaus“, fügt er hinzu, „ist nicht der Bau, sondern der Baugrund.“ Den haben hierzulande die wenigsten, vor allem abseits der Zivilisation mitten im Wald. Wer keine Oma hat, die Land vererbt, dem empfiehlt der Blockhausbauer, Kontakte zu Ortsvorstehern kleiner Gemeinden zu knüpfen. „Da erfährt man schnell, wo noch tolle private Bauplätze zu haben sind“, sagt Ralph.

Infiziert mit dem Blockhaus-Viirus

Der Mann steckt voller Tipps und Tricks, denn er liebt seinen Beruf. Zu diesem kam er durch Zufall nach seiner Leichtathletik- Karriere mit Teilnahme bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona. „Ich lernte damals Werkzeugmacher, studierte anschließend Forstwirtschaft und sah dabei mein erstes Blockhaus. Da hat mich der Virus gepackt“, sagt Ralph. Noch heute wohnt er mit seiner Familie in dem ersten Blockhaus, das er 1997 zusammen mit einem Freund baute. Seither hat Ralph sich ganz der Naturstammbauweise verschrieben.

Seine Freude an der Arbeit wirkt jedenfalls ansteckend auf uns Kursteilnehmer. In der Mittagspause nach dem einführenden Theorieblock schwelgen wir schon alle in Blockhütten-Träumen. Wer alles selbst machen will, bracht zur Verwirklichung wenig Werkzeug. „Eine kleine und eine große Motorsäge“, zählt der Blockhausbauer auf. „Eine Flex, einen Logscriber und einen Meterstab. Ach ja, ein gebrauchter Baukran wäre nicht schlecht, weil die Stämme schwer sind. Wichtig ist jedoch vor allem, dass ihr das Holz sauber anzeichnet und sauber sägt.“ Das sieht bei Ralph ganz einfach aus, sollte aber trotzdem geübt werden. Wer an seiner Präzision feilen will, kann bei Ralph auch einen Kreativsägekurs belegen und Tiere oder Totempfähle sägen. Dann hat man auch schon Dekoration für die Blockhütte ! Vielleicht schaue ich mich doch erst einmal nach einem passenden Plätzchen im Wald um? Ich werde Ralphs Rat folgen und mich mit dem einen oder anderen Ortsvorsteher unterhalten. Und erst mal noch Holz sägen üben. Bis zur eigenen Hütte ist es vielleicht noch ein weiter Weg, aber schließlich hat auch Thoreau irgendwann einmal mit dem ersten Baumstamm angefangen ...

Ab an die Motorsäge!

Ralph Pfersichs komplettes Kursprogramm in Loßburg für Hüttenfans und Motors.genkünstler findet Ihr hier.

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