Ein Wochenende in Baden-Baden: Tipps und Adressen

Wer Baden-Baden hört, denkt meist an Rentner, Russen und Casino. Oder an Festspielhaus, Promis und Kurbetrieb. Die Stadt hat aber weit mehr zu bieten

Fotos: Jigal Fichtner
Tag 1

Die Kelten logierten zuerst hier. Dann die Römer. Badefreudig wie sie waren, machten sie das Fleckchen mit seinen Thermalquellen zu einem Soldatenbadedorf. Es entwickelte sich schnell zu einer florierenden Stadt der Bäderkultur und schließlich zum Hotspot für eine wohlhabende Klientel. Viele kamen, die meisten blieben. Und machten aus Baden-Baden – mit viel Geld und noch mehr Aufwand – die Sommerresidenz Europas. Das Flair hält sich bis heute in der Stadt, die Lebenslust, Eleganz und Laisser-faire ausstrahlt.

Freitag, 16:15 Uhr

Dank des bestens aufgestellten ÖPNV sind es nur gut zehn Minuten vom Bahnhof Baden-Oos in die Innenstadt. Stilvoll, ruhig gelegen und einfach entzückend ist das Hotel Belle Epoque in der Maria-Viktoria-Straße. Zu der Stadtvilla im typischen Jahrhundertwendestil gehört ein kleiner Park mit altem Baumbestand und einer lauschigen Terrasse. Und bezahlbar ist es auch …

Freitag, 17:00 Uhr

Jetzt startet die Mission „Runterkommen“: Bei einem Kaffee – und zwar dem besten der Stadt. Der Kaffeesack in der Hirschstraße (etwas oberhalb des Badhotel Hirsch) liegt in der Altstadt. 200 Meter weiter unten in der Fußgängerzone tobt der freitägliche „Was-muss-ich-noch-fürs-Wochenende-einkaufen-Wahnsinn“ und hier? Schläfrig zwitschern ein paar Spatzen auf dem Kopfsteinpflaster vor sich hin. Der Blick schweift über die hübschen, berankten Stadthäuschen. Dazu gibt es ein paar leckere Kaffeecocktails (die Wahl fällt schwer …) und einen Plausch mit anderen Kaffee-Fans, die vom Cold Brew Coffee und der auf Nachhaltigkeit ausgelegten Philosophie gleichermaßen angetan sind. So viel Koffein macht Beine: Durch verwunschene Gässchen und über kleine Staffeln – so heißen hier die Treppen – geht es in nur zehn Minuten hoch zum Neuen Schloss am Florentinerberg. Dazu braucht es ein bisschen Kondition, aber der Blick über die Stadt ist atemberaubender, als es der Aufstieg je sein könnte.

Freitag, 20:00 Uhr

Nach diesem Bauch-Beine-Po-Programm braucht’s einen Flammkuchen und ein Viertele Betschgräbler – unseren Riesling. Die beste Adresse dafür: die Weinstube Baldreit in der Küferstraße. „Zu uns finden nur Auserwählte“, lacht Baldreit-Chefin Nicole Douet jedesmal, wenn ein ortsunkundiger Gast drei Schleifen ums Gebäude gedreht hat, bis er endlich im Innenhof landet. Auserwählte gibt es hier reichlich: meist Einheimische, die sich die saisonale und fantasievolle, aber schnörkellose Küche schmecken lassen. Ob Tomaten-Erdbeer-Gazpacho, Flammkuchen oder Sardinen vom Grill – so viele Staffeln kann man nicht bewältigen, um alles durchzuprobieren. Eine gewisse Bräsigkeit macht sich breit. Liegt’s am Essen oder an mangelnder Fitness? Nee, am Innenhof: Er ist irgendwie märchenhaft und lässt einfach die Zeit stillstehen. Mission Runterkommen: erfüllt!

Tag 2

Samstag, 10:00 Uhr

Wie telefonisch vereinbart, steht Sabrina Möller pünktlich mit ihren Kutschpferden vor den Kurhaus-Kolonnaden. Gemütlich zuckeln wir durch die schattige Lichtentaler Allee Richtung Kloster. So lassen sich Baden-Baden und sein nostalgischer Charme am besten erfahren. Die Leute winken freundlich und grüßen. Und ich fühle mich ein bisschen wie die Queen. Nur jünger. Muss an der guten Luft liegen …

Samstag, 11:30 Uhr

Das Kloster Lichtenthal (Mitte des zwölften Jahrhunderts gegründet) ist eine Welt für sich. Manche behaupten, es sei ein Kraftort, andere sprechen von „Good Vibes“, was auch immer: Es liegt eine gewisse Magie darüber. Besonders hübsch ist der kleine Klosterladen mit dem Kräuterzentrum und einer hervorragenden Bücherauswahl zum Thema Kräutermedizin. Nach der geistigen Erbauung braucht mein Körper jetzt auch was. Im Café Lumen wird Handarbeit groß geschrieben: Die selbstgemachten Limonaden, Kuchen und kleinen Mittagsgerichte sind mehr als eine Sünde wert …

Samstag, 14:00 Uhr

Sabrina war so lieb, mich wieder mit zurück in die Stadt zu nehmen. Ob sie mich vielleicht noch hoch zum Rosengarten …? „Nein“, lacht sie, „es ist warm, meine Pferde haben genug gearbeitet. Für heute ist Schluss.“ Okay, also rein in den Bus 208. An der Haltestelle Moltkestraße finde ich mich mitten in einem duftenden, summenden Paradies wieder. Die Rosenfreunde Baden- Baden haben das Areal in der Moltkestraße über den Dächern der Stadt angelegt und meine Nase kann einfach nicht genug bekommen. Meine Augen auch nicht. Überall entdecke ich etwas anderes: neue Rosensorten, romantische Rosenbögen oder kleine Statuen. Wenn jetzt der Prinz um die Ecke biegt, um mich wachzuküssen, wundert mich nix mehr.

 

Samstag, 18:30 Uhr

Blick zurück: Ich war heute echt fleißig. Nach meiner Dornröschenaktion bin ich durch die Stadt geschlendert und habe mich per Bus Nummer 204 hoch zum Paradies begeben, der Wasserkunstanlage am Max-Laeuger-Platz. In kunstvoll angelegten Kaskaden plätschert hier das Wasser den Annaberg hinunter. Nur das Wasser, die Ruhe und ich – herrlich! Das Abendessen im legendären Brenners habe ich mir redlich verdient. Vom Kurpark weht ein leichter Blütenduft herüber, die Oos murmelt vor sich hin und die warme Sommerluft umfängt mich wie ein Seidenschal. Dazu noch ein prickelndes Kaltgetränk in der Hand und das Leben hat doch gleich mehr Glamour. Für mich ist das Brenners eine kleine Luxusinsel, auf die ich mich ab und an zurückziehe. Das Essen ist zwar ein bisschen teurer, aber allein das Flair (und das Leutegucken) ist jeden Cent wert.

Samstag, 21:20 Uhr

Die ganze Noblesse lässt mich nach Höherem streben: Per Taxi geht es zum Alten Schloss. Die Burgruine leuchtet in der untergehenden Sonne und bei dem Blick vom Burgfried kommen mir die Tränen. Es ist zum Heulen schön!

Tag 3

Sonntag, 9:25 Uhr

Ab in den Bus Nummer 201: Es geht vom Kurhaus aus nach Oberbeuern. Die Mond nicht Baden-Badens ist in dem kleinen Ortsteil nie angekommen. Und das, obwohl hier eine kleine Berühmtheit steht: das Waldhotel Forellenhof. Es war Ende der 1950er-Jahre Drehort und Schauplatz einer der beliebtesten Familienserien im deutschen Fernsehen, dem „Forellenhof“. Das junge Betreiber-Paar, Madeleine Holl und Oliver Vetter, verliebte sich auf Anhieb in das Kleinod und erweckte es Ende 2015 aus einem langen Dornröschenschlaf. Vor dem Biergarten plätschert die Oos vorbei (die hier noch Oosbach heißt), die Bäume im Biergarten rascheln leise und hier wirkt der Tag wie frisch gewaschen. Die Atmosphäre ist ländlich-idyllisch, die Crew herzlich und das badische Essen einfach köstlich! Aus der nahegelegenen Fischzucht kommen Forellen und Saiblinge, die fangfrisch in Topf und Pfanne wandern. Apropos: Von hier aus geht es zu Fuß durch den Wald zurück in die Stadt. Allerdings nicht ohne sich vorher mit selbstgebackenen Hörnchen, Minikuchen und reichlich Earl-Grey-Tee zu stärken.

Sonntag, 16:30 Uhr

So ein Spaziergang durch den Wald ist wirklich erfrischend. Der Magen hängt nach gut einer Stunde etwas in den Kniekehlen, aber was soll’s? Essenstechnisch ist Baden-Baden schließlich wie Bangkok: Alle paar Meter gibt es etwas zu kosten. Sogar ganz oben, auf dem Hausberg der Baden-Badener – dem Merkur. So lange ist es noch auszuhalten, denn Wurstsalat und andere badische Spezialitäten im Merkurstüble sind nicht nur lecker, sie reichen sogar für zwei! Von der Talstation (hier halten die Linien 204 und 205) schrauben wir uns mit einer Seilbahn auf Schienen durch eine Waldschneise und einen kleinen Tunnel auf knapp 670 Meter hoch. Hier oben: Panorama pur! Die Augen wandern noch mal alle Plätze der vergangenen 48 Stunden ab. Und die, die beim nächsten Mal erkundet werden wollen. Ich könnte jetzt wieder zu Fuss runter. Ach, nö. Ist ja Wochenende. Und das Bähnle einfach zu niedlich … 

Unsere Tipps für Baden-Baden


Hotel Belle Epoque

Stilvoll; trotz Top-Lage und Austattung bezahlbar
Maria-Viktoria-Straße 2 c

Kaffee-Bar Kaffeesack

Hip und gemütlich; super Kaffeespezialitäten
Hirschstraße 6

Weinstube Baldreit

Leckere badisch-französiche Küche; romantisch
Küferstraße 3

Neues Schloss

Tolle Aussicht; bei Open-Air-Events Plätze umsonst Schlossstaffeln

Kutschfahrten Baden-Baden

Voranmeldung erforderlich: 0171 / 2093680
Startpunkt Kurhaus-Kolonnaden, Kaiserallee

Café Lumen/ Kloster Lichtenthal

Hausgemachte Köstlichkeiten; super Ambiente
Hauptstraße 40

Rosenneuheitengarten

Sehenswert; mehrere hundert Rosensorten
Moltkestraße 3

Wasserkunstanlage Paradies

Einen Besuch wert; perfekt zum Entspannen
Max-Laeuger-Platz

Brenners Park-Hotel & Spa

Luxuriös, toller Park; bezahlbare Mittags-Menüs
Schillerstraße 4

Altes Schloss

Beeindruckend; Tipp: Restaurant Fidelitas!
Schlossweg 10

Waldhotel Forellenhof

Idyllisch, liebenswert; Forellenspezialitäten
Gaisbach 91

Merkur mit Merkurstüble

Tolle Aussicht, gute Wanderwege; Vesper
Merkuriusberg 5; Talstation der Bahn: Merkurwald

#heimat Schwarzwald Ausgabe 16 (3/2019)

Wir kochen uns mit Pilzen, Bier und Reh-Bolo durch den Herbst, backen Kuchen und suchen die vergessenen Orte des Schwarzwalds.

#heimat, der Genussbotschafter für den Schwarzwald 

In der Zeitschrift #heimat geht es um Genuss in der Region, um (kulinarische) Traditionen und gute Adressen, um Manufakturen und Menschen. Idee und Konzept für #heimat stammen von Chefredakteur Ulf Tietge und seinem Team. Das Magazin wurde 2016 mit dem Ortenauer Marketingpreis ausgezeichnet und ist inzwischen bundesweit erhältlich.

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