Die Burning Men von Friesenheim

Brennen ist eine Wissenschaft. Und Professoren besonders
gut darin? Die Brennhäusle AG jedenfalls macht ausgezeichneten Grappa. Da mussten wir mal genauer nachforschen ...

Jeder Brenner hat sein Hausrezept. Alle haben sie ihre Kniffe. Vieles bleibt geheim. Aber alle wollen sie Goldmedaillen für ihre Edelbrände! Die Brenner vom Brennhäusle in Friesenheim sind da oft vorne dabei. Zuletzt wurden drei Grappa bei der Falstaff Grappa Trophy ausgezeichnet, der Marc vom Spätburgunder, Jahrgang 2017, sogar als der beste. Was aber ist ihr Geheimnis? Zeit ist offenbar ein wichtiger Faktor. Lothar Schüssele, Winfried Lieber und ihre fünf Freunde gehören zur goldenen Generation der Ortenau. Lothar ist 73, Winfried ist 68. Die anderen fünf sind auch schon über 70. Aber fidel. Zusammen sind sie die Brennhäusle AG. Im Sortiment stehen Obstbrände, Grappa (Trester, Marc) und Geiste.

 

Ihr Hobby ist aber kein „Jetzt sind wir in der Rente“-Ding, sondern brennt schon eine halbe Ewigkeit. Es war 1977, als sich die Brenner durch Zufall an der Universität in Kaiserslautern trafen. Da die meisten Jungprofessoren noch nie von der schönen Ortenau gehört hatten, besuchten sie ihren Kollegen Lothar in seiner Heimat und lernten den Schwarzwald lieben. Der Professor für Mikrowellen und Raumfahrt lebte damals noch in Ortenberg. Als Lothars Vater starb, stand das Elternhaus in Friesenheim leer und das Brennrecht zur Disposition. Um es nicht verfallen zu lassen, fuchsten er und Kollegen sich ein und fingen Feuer. Darunter war auch der spätere Rektor der Hochschule Offenburg, Winfried Lieber. 2000 wurde die Anlage in dem Brennhäusle erneuert, in dem schon seit mehr als 100 Jahren gebrannt wird. „Schnaps war Medizin“, doziert Lothar wie der Professor, der er ist, über die einstige Bedeutung von Destillaten. Sie haben geholfen, als Ärzte noch so rar wie ein Sechser im Lotto waren. Winfried nickt, als wäre er damals dabei gewesen.

Aprikosen und ihr Innenleben

Heute ist Schnaps alias Edelbrand meistens eine Sache des Genusses. In Nase und Mund soll ankommen, was an Aromen in der Frucht drin ist. Aber nicht wie ein mit Pfeffer bestäubter Dampfhammer, sondern fein und edel wie aus einer Drei-Sterne-Küche. Die Früchte machen es aus. Da sind die brennenden Professoren etepetete. Sie ordern Quitten im Alten Land, aber die Mirabellen wachsen in der Ortenau, genauso wie die Kirschen und mehr. Jede Aprikose schauen sie auch innen an, begutachten, falls nötig, zwei Tage lang Birne für Birne und bürsten jede Quitte sauber. Alles für die Qualität.

Auch für das Einmaischen und Destillieren nehmen sich die Friesenheimer Brenner alle Zeit der Welt. Und für das Einheizen. „Wie viel Grad, Winnie?“, ruft Lothar seinem Kumpel im Brennhaus zu. Dieser erklärt, dass der Kessel zwar heiß ist, aber das Feuer nicht mehr brennt. Aber es muss brennen! Denn es muss noch heißer im Kessel werden. Viel heißer! Was würde man von einem Professor für Elektronik und einem für Raumfahrt erwarten? Wahrscheinlich, dass sie einen Knopf drücken oder vielleicht via Smartphone die Temperatur steuern. Aber weit gefehlt. Winnie geht Holz holen. Digital mag zwar im Büro punkten, aber nicht bei einer Holstein-Brennanlage. Mit Holz können sie besser die Temperatur regulieren, erklärt Winnie. Mit so viel Liebe zum Detail, Sinn für Tradition und Geschmack muss der Erfolg kommen. Der nächste Preis kommt bestimmt ...

#heimat Schwarzwald Ausgabe 50 (3/2025)

2025 ist #heimat 10 Jahre alt geworden – und jetzt folgt die 50. Ausgabe! 
Es gibt noch mehr Gründe, den Schwarzwald zu feiern: Wir leben in einem Wanderparadies, um das uns die Welt beneidet. Ausgetretene Pfade? Gibt’s nicht. Unser Autor Pascal hat im Nördlichen Schwarzwald ordentlich Strecke gemacht und den Ostweg für Euch erkundet. Ein Geheimtipp für Fernwanderer. Zu sportlich? Dann lasst Euch von Wander-Influencer Hegefire für Microabenteuer in der #heimat begeistern, die im Herbst einfach Lust auf Draußen machen.

Energie dafür liefern leckere Kartoffelgerichte, Brot und Kuchen aus dem Backhäuschen und Cocktails aus selbst gesammelten Zutaten. Ihr liebt es, die Rezepte aus unserem Magazin nachzukochen, bräuchtet aber ein paar Tipps für noch mehr Spaß in der Küche? Wir zeigen Euch, wo Ihr im Schwarzwald richtig tolle Kochkurse machen könnt.

Außerdem waren wir bei der Verleihung des Kuckuck-Awards dabei. Danke an alle, die für ihre Genusshelden abgestimmt haben! Wir freuen uns darauf, Gastgebern, Köchen und anderen Genusshandwerkern noch viele Ausgaben weiter eine Bühne zu bieten. Seid dabei!

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