„Die Struktur war schon gut“, erzählen die beiden. Die geht zurück bis in die 80er-Jahre, weil damals der Vater seinen Verdienst steigern wollte. Aber nicht durfte. Wie das? Vor fast 40 Jahren wollte Georg Bohnet die Milchquote erhöhen. Er wollte sich mehr Kühe zulegen, um mehr Milch abliefern zu können. Einfache Rechnung: mehr Milch, mehr Geld. Aber das wurde ihm nicht erlaubt. Was tun?
Freunde überzeugten ihn von Bioland und von einem neuen Geschäftsmodell als Direktvermarkter ohne Zwischenhändler. So wurden die Bohnets Direktvermarkter und stellten 1989 auf Bioland um. Das kam gut an. Vor allem im eigenen Geldbeutel. In der Hofhütte lässt sich das Konzept bestaunen. Hier hat’s die eigenen Kartoffeln, den eigenen Honig, eigene Eier, selber gebackenes Brot sowie zugekaufte Wurst und Nudeln. Wenn’s mal pressiert, muss man seinen kleinen Einkauf nicht im Supermarkt erledigen. Zudem haben die Eltern einen Kundenstamm aufgebaut. Bis vor die Tore Stuttgarts verteilt sich die Kundschaft.
Das Brot geht auch auf die Kappe der Geschwister. Als sie den Hof übernahmen, wollten und mussten auch sie den Verdienst steigern, da sie beide Familie haben. Brot und Weckle kommen sehr gut an. Zurzeit ist ein Sauerteigbrot in der Mache, erzählt Lotte, die hier Regie führt. Was aber, wenn mal die eine keine Zeit hat oder krank ist?
Raues Land
Claudia als Agraringenieurin kann auch backen, Charlotte kann auch Landwirtschaft. Zudem haben sie sich auf ein Konzept geeinigt, dass sie sich gegenseitig nicht die Arbeitsstunden aufrechnen, die jeder geleistet hat. „Jeder macht, was er kann“, sagt Claudia. „Es gäbe nur Ärger, alles kann man nicht aufrechnen“, ergänzt Charlotte. Hier wächst nicht nur Dinkel, sondern auch Vertrauen.
Viele Felder und Flächen liegen weiter östlich auf einer Hochebene. Dort, wo Dinkel und Kartoffeln wachsen, pfeift ein rauer Wind. Auch wenn die Sonne scheint, es ist frisch. Die Erde ist so steinig, dass man mit den Steinen eine Pyramide bauen könnte. Eigentlich ist das eine Grünlandregion, erklärt Claudia, aber was sie anpflanzen, ist genügsam. Und die beiden sind es auch.
Georg Bohnet, der Vater der beiden, dem man seine 79 Lenze nicht ansieht, kommt auf dem Traktor angerauscht. Wann be-ginnt die Schafferei? „Kurz nach dem Aufstehen“, witzelt er. 60 Prozent würde er noch arbeiten. Eine weitere Hilfe ist Georgs Bruder Otto. Auch Mama schafft mit. „Ohne die Familie geht es nicht“, sagt Claudi, „ansonsten müssten wir noch eine dritte Kraft einstellen.“
Wie im Heimatfilm scheint auch heute die Sonne, als die beiden jungen Frauen wieder in den Stall gehen. Die Kühe brüllen. Es hört sich fürchterlich an, aber es ist nur Futterneid. Apropos Futter: Auch die Hühner brauchen etwas zum Picken.
Das mobile Hühnermobil mit seinen 200 Hühnern steht mitten auf der saftigen Wiese, durch die der Stockerbach fließt. Ein mobiles Hühnerhaus ist zwar ein logistisches Meisterwerk, aber es läuft auch nicht von alleine. Heute muss das Hühnerhaus an einen neuen Standort gerollt werden. Also geht’s rüber auf die Wiese, Claudias Sohn Julius stiefelt mit. Vielleicht liegt hier das Erfolgsgeheimnis? Einfach dabei sein und mitmachen. Aber das reicht ja nicht, es braucht eine gutes Konzept und eine Familie, die mit anpackt. Landwirte wird es immer geben. Vielleicht noch weniger als heute, aber es wird sie geben. Vielleicht gehört Julius Bohnet dann dazu?