Flippermuseum in Eschbach: Gib Dir die Kugel!

In einem Mitmach-Museum in Eschbach retten Tüftler alte Flipper-Geräte und – und natürlich darf auch gespielt werden …

Text: Ulf Tietge · Fotos: Jigal Fichtner

Wenn man mal ’ne ruhige Kugel schieben will, ist man in Eschbach falsch. Denn im Museum vom hiesigen Flipper- und Arcadeverein leuchtet, blinkt, vibriert, scheppert, rattert und dudelt so ziemlich alles, was die Generation Golf wirklich gern hat. Der Terminator ist hier, Indiana Jones, Homer Simpson, die Rebellen um Prinzessin Leia aus Star Wars und mittendrin: Yves Muck. 

Erste Hilfe für Flipper

Yves hat in Eschbach den Ball ins Rollen gebracht und den Flipperverein mit seinen inzwischen 60 Mitgliedern gegründet. Zwei alte Squash-Plätze haben die Flipper-Freunde seit 2021 umgebaut – zu einem Mitmach-Museum, das alle vier Wochen für jedermann seine Tore öffnet, und für eine Flipper-Klinik gleich daneben. Denn viele der großen Spielautomaten, die nach Eschbach kommen, sind in einem bemitleidenswerten Zustand und brauchen dringend Erste Hilfe. Zu feucht gelagert, Masse- oder Kontaktfehler, mechanische Beschädigungen, gerissene Gummis, Defekte in der Elektronik oder abgerauchte Platinen – bloß blöd, dass der Verein seine Hilfe nicht einfach jedermann anbietet.

„Wir kämen gar nicht mehr nach“, sagt Yves' Vereinskollege Zeljko Culig. „Der deutsche Sammlermarkt ist aktuell einer der größten der Welt und die Nachfrage nach Flipperreparaturen entsprechend überwältigend. Wir aber haben uns entschieden, nur die Flipper unserer Mitglieder zu warten – mit denen dann jeder auch mal spielen darf.“ Hintergrund: Man weiß nie, ob eine Reparatur in fünf Minuten erledigt ist oder fünf Monate braucht. Und spätestens dann wird jeder bei Ebay für ein paar Hundert oder einige Tausend Euro ersteigerte Jugendtraum ein Albtraum.

Wie wichtig es ist, dass sich Yves und seine Freunde mit Phasenprüfer und 80er-Jahre-Elektronik auskennen, wird auch an diesem Abend wieder deutlich. Zwei von den gut 50 Flippern aus fünf Jahrzehnten quittieren vorzeitig den Dienst. „Keine große Sache, das dürften nur Sicherungen sein“, sagt Yves ganz cool, der sich insgeheim schon auf das nächste Schraubertreffen freut. Das nämlich macht dem Hydrologen mit dem Flipper-Faible mindestens genauso viel Spaß wie das Zocken mit den flinken Fingern. Hinzu kommt: An Schraubertagen ist es wundervoll ruhig in dieser Spielhölle, die viel mehr ein Flipperhimmel ist als alles andere – und dann kann man den großartigen Sound vom Centaur besser genießen oder den Hells Bells vom AC/DC-Flipper lauschen.

Ein paar Meter weiter steht ein Firecracker aus dem Jahr 1971, der aussieht, als hätten schon die Beatles in ihrer Hamburger Zeit vor diesem Gerät gestanden. Alles noch mechanisch, viel langsamer als die modernen Geräte und ausgestattet mit einem kleinen Xylofon für die Geräusche. 8-Bit-Soundkarten kamen eben erst viel später, und wo wir schon bei unnützem Wissen sind: Flipperautomaten entstanden aus dem Bagatelle-Spiel und den Nadelspielautomaten (daher Pinball), die im 19. Jahrhundert schon der gepflegten Abendunterhaltung dienten. Erste Patente wurden 1871 angemeldet, 50 Jahre später entwickelte man den Tilt-Mechanismus (gegen das Schräghalten), dann die Schlagtürme (Bumper und Pop-Bumper) sowie die Auswurflöcher (Ejects). So richtig ins Rollen aber kamen die Flipper erst 1947 – als nämlich die Flipperhebel erfunden wurden.

„Flipper sind wie Lagerfeuer“, sagt Yves Muck. „Da können Männer drumherum stehen und sich was erzählen – müssen das aber nicht.“ Und doch kamen die Flipper irgendwann aus der Mode. Irgendwann in den 1980er- und 1990er-Jahren, als die Arcade-Automaten immer populärer wurden. „Das war Fluch und Segen zugleich“, sagt Yves. „Denn es hat die Flipperhersteller dazu gebracht, noch viel bessere Geräte zu entwickeln. Mit zwei oder drei Ebenen zum Beispiel, mit noch beeindruckenderen Artworks und immer neuen Features.“ Gleichzeitig aber wurden die Flipper immer teurer. Bei etwa 7000 Euro geht’s los, Premium-Geräte liegen eher bei 10 000 Euro und limitierte Editionen sind noch mal 2000 Euro teurer. Mindestens. „Nach oben gibt es kaum Grenzen“, bestätigt Yves Muck. Dass es in Deutschland – anders als in den USA und weiten Teilen Europas – kaum noch Flipper in Kneipen gibt, liegt indes weniger an den Anschaffungskosten als vielmehr an den hiesigen Steuern. „Flipper haben einen Münzeinwurf, also sieht sie der Staat als Glücksspielautomaten. Und damit gehen 50 Prozent der Einnahmen an den Fiskus und für die Wirte lohnt es sich nicht, einen Flipper aufzustellen.“ Stattdessen haben sich die Nachfolger der einarmigen Banditen durchgesetzt, mit kleinen Bildschirmen und viel höheren Einsätzen. Schade eigentlich.

Flippern for free

Am Flipper gibt es keine sozialen Unterschiede. Hier steht der Literaturprofessor von der Uni neben dem Müllmann und beide freuen sich, dass es in Eschbach nur Freispiele gibt. Kann schon sein, dass man hier und da mal ein paar Mark reinschmeißen muss, aber die holen die Flipperfreunde aus den eingebauten Geldkassetten auch wieder raus. 

Es gibt auch absolute Einzelstücke hier in Eschbach, darunter einen volldigitalen Eigenbau mit einer überwältigend großen Datenbank an Flipper-Layouts aus drei Jahrzehnten, bei dem auf zwei Bildschirmen nur noch virtuelle Kugeln unterwegs sind. Links ein Drücker, rechts auch – so weit, so gewohnt, der Rest aber ist digital. Was Techies und Nerds freut, lässt Puristen geradezu tilten, wie es bei den Flipperfreunden heißt, wenn man wegen zu großer Erschütterung abstürzt. 

Übung macht den Meister

Bevor wir jetzt aber nur reden: Mal ran an die Kiste! Den NBA-Flipper schnappt sich Fotograf Jigal und jagt erst unten seine Kugel übers Parkett, um dann auf dem Kopfaufsatz auch noch Körbe zu werfen. Cool! Bei mir dagegen hat die Kugel irgendwie so eine Art Mitteldrall und verschwindet wieder und wieder zwischen den Flipperhebeln im Untergrund. Bei 166 Millionen Punkten steht der Highscore, ich wäre schon froh, wenn ich überhaupt die Million erreiche, und dann zeigt mir auch noch meine Frau, wo der Bartel den Most holt, und verdoppelt oder verdreifacht einfach jeden meiner Scores. Ich sollte wohl noch mal wiederkommen. Allein am besten. Bisschen üben …

Öffentliche Flippertage bietet der Flipper- und Arcade-Verein Eschbach (bei Bad Krozingen) alle vier Wochen an. Wichtig: Ihr solltet Euch unbedingt vorher anmelden! Vereine, Firmen oder Gruppen können die Location übrigens auch mieten. Mehr Infos unter flippermuseum.org 

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