Bogenschießen: Im Schwarzwald ins Schwarze treffen

Jagdfieber erleben, ganz vegetarisch: Unsere Autorin besucht den Bogenparcours Schwarzwald im Kinzigtal

Text: Jana Zahner Fotos: Daniel Schoenen

Ein wilder Grizzly im Schwarzwald?! Zur vollen Größe aufgerichtet steht der Bär zwischen den Bäumen, als wollte er jeden Moment zum Angriff übergehen. Ich lege den Pfeil auf den Bogen, spanne die Sehne, atme aus und lasse den Pfeil fliegen. Er trifft nicht. Ärgerlich! Dem Fernsehkoch Tim Mälzer sei der Schuss über 75 Meter Distanz auf Anhieb gelungen, als er vor einiger Zeit für einen Dreh zu Gast war, berichten Elke und Paul Buchholz: „Seine Kameramänner haben ihre Kameras fallen lassen und wollten es sofort auch ausprobieren.“ 

Und der Bär? Der hat die Begegnung mit der Fernsehcrew von „Kitchen Impossible“ und mit mir ohne Blutvergießen überstanden. Er ist nämlich aus Kunststoff. Sein Revier ist der 3D-Bogenparcours Schwarzwald der Familie Buchholz auf der Gemarkung Mühlenbach im Bücherntal.

Den Bogen raus

Man kennt das Bogenschießen auf Zielscheiben von den Olympischen Spielen, aber auf Tierfiguren im Wald? „Ich vergleiche es oft mit Minigolf“, sagt Elke Buchholz. Wer einen Bogenparcours nutzt, ballert nicht kreuz und quer durch die Landschaft, sondern läuft eine festgelegte Strecke, geschossen wird an markierten Stationen. Anders als beim Minigolf gibt es beim 3D-Bogenschießen allerdings kaum Laufkundschaft, denn es macht für Kenner des Hobbys mit eigener Ausrüstung gerade den Reiz einer Anlage aus, wenn sie möglichst abgelegen und naturnah gestaltet ist. 

Das trifft auf den Parcours der Familie Buchholz definitiv zu. Auch ihr nahe gelegener Jungbauernhof ist ein wahres Schwarzwaldparadies, das sich mittlerweile auf knapp 100 Hektar erstreckt. 2015 haben Paul und Elke den benachbarten Schwabenhof mit seinen Wiesen und Wäldern übernommen und 2019 dort den Bogenparcours eröffnet. 

Eigentlich begann die Geschichte schon vor 20 Jahren, als Elke ihrem Paul einen Bogen zum 40. Geburtstag schenkte, um ihn über eine andere Leidenschaft hinwegzutrösten: Die Jagd, die sich schlecht mit dem Job als Landwirt vertrug. Aus dem Ersatz wurde eine Faszination. Beim sogenannten intuitiven Bogenschießen ohne technische Hilfsmittel und Visier, wie er es beim Kurs in Polen gelernt hat, steht die Zahl der Treffer nicht im Vordergrund: „Für mich ist es die Kunst, die innere Ruhe zu finden“, sagt Paul. Dazu gehört, sich ganz auf das Ziel zu konzentrieren – aber auch, mit Misserfolgen umzugehen. 

Diese Erfahrung gibt Paul an Feriengäste weiter – und jeden, der eine Einführung in die Sportart bei ihm bucht. In einem ehemaligen Stall auf dem Jungbauernhof hängen Pfeile mit Federn in allen Farben und Dutzende Holzbögen zur Ausleihe bereit. Die große Auswahl ist notwendig, denn das Zuggewicht des Bogens muss passen – sonst zittern bald die Arme beim Ausziehen und machen präzise Schüsse unmöglich. „Den größten Fehler, den ein Anfänger machen kann, ist, einen zu schweren Bogen zu nehmen“, sagt der erfahrene Schütze. 

Ich habe schon etwas Übung im Bogenschießen, will aber von Paul lernen, worauf es ankommt. Etwas zu überzeugt von mir selbst ziele ich zum Aufwärmen auf dem Einschießplatz auf einen Strohballen. Vorführeffekt: Gleich beim ersten Schuss halte ich den Bogen falsch, als ich löse, schnalzt mir die Sehne gegen den Unterarm. Aua! Ich bin aber auch verkrampft und unkonzentriert an die Sache herangegangen. „Stell dir vor, du hast einen Tanzpartner im Arm“, rät Paul. Eine Eselsbrücke, die meine Haltung gleich verbessert, meine Schüsse werden sauberer. Und ich verstehe, warum es intuitives Bogenschießen heißt: Wenn ich mich auf das Ziel vor mir konzentriere, ruhig atme, ganz im Moment bin, läuft das Schießen fast unbewusst ab – und die Treffer gelingen wie von selbst. Als kleines Highlight darf ich auf einen Luftballon schießen, den ich sofort erwische. Bumm! Beim Bogenschießen mag es viel um Entspannung, die Einheit von Körper und Geist und so weiter gehen – aber man freut sich auch wie ein kleines Kind, wenn ein Schuss glückt.

Zeit, auf den eigentlichen Parcours zu gehen. Von der malerischen alten Scheune, wo sich die Schützen für eine Runde auf dem Parcours eintragen, und dem Einschießplatz daneben geht es am Bach entlang zu den ersten Tierfiguren. Viel hat die Familie Buchholz nicht für ihren Parcours am Schwabenhof verändert – das Gelände mit Wiesen und Wäldern ist wie geschaffen für das 3D-Bogenschießen. „Jeder Hof hat einen Schatz, man muss ihn nur finden“, sagt Elke. Der Schatz, das sind in diesem Fall rund 15 Hektar geradezu unberührt wirkende Landschaft, die längste Route des Parcours führt Bogenschützen viereinhalb Kilometer bergauf und bergab durch die Natur. Die 3D-Tiere fügen sich harmonisch in das Gelände ein, meist entdeckt man zuerst den farbig markierten Abschusspflock im Boden, bevor man eine Ente, ein Reh, einen Luchs oder eine Gruppe Wildschweine erspäht – fast so, als wäre man wirklich auf der Jagd, der Beute auf der Spur.

Für Paul ist jede Tour ein Erlebnis: „Die Bedingungen sind immer anders.“ Der Schütze muss sich im Gelände auf das Licht, die Beschaffenheit des Bodens und Hindernisse wie Bäume und Sträucher einstellen.Steile Bergauf- oder Bergabschüsse sind eine besondere Herausforderung – das ist wirklich etwas anderes als das Üben auf dem flachen Einschießplatz! Wie geht man mit Unebenheiten im Parcours um? „Du nimmst die Haltung des Geländes an“, rät Paul. Pro Ziel hat man bis zu drei Versuche. Oft braucht man ein, zwei Schüsse, um ein Gefühl für die Position des 3D-Tieres zu bekommen. Oder wie Schützen sagen: drüber, drunter, drauf! Nach der eher gemütlichen Wald-und-Wiesen-Runde um den Bach führt die Strecke auf den Sommerberg – und mit jedem absolvierten Ziel wird die Aussicht ins Tal spektakulärer! So langsam melden sich aber auch die Muskeln: Die Kombination aus Wandern und Bogenschießen ist anstrengender als gedacht.

75 Meter Weitschuss 

Gut, dass es Liegen auf dem Parcours und eine Hütte für Pausen gibt. Ganz oben warten die größten Tiere der Anlage und der mit 75 Meter längste Schuss auf den stehenden Grizzly. „Man kann einen Schützen nicht wegen eines kleinen 3D-Eichhörnchens da hochschicken“, sagt Paul. 

Wie oft ich getroffen, wie oft ich danebengeschossen habe? Das ist mir am Ende gar nicht so wichtig, dafür kehre ich tiefenentspannt zurück auf den Schwabenhof, Startpunkt und Ende der Route. Ich werde zum Üben bald wiederkommen – um den großen Grizzly vielleicht doch wie Tim Mälzer auf Anhieb zu treffen ...

Bogenschießen für Einsteiger

Familie Buchholz bietet Einsteigertouren mit Leihausrüstung und Einführung ins Bogenschießen an. Treffpunkt ist der Jungbauernhof (Büchern 40, 77796 Mühlenbach). Kontakt: info@bogenparcours-schwarzwald.de

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