So schenken Sieger aus

Zurück zu den Wurzeln im Keller, neue Rebsorten im Weinberg: Axel Bauer ist Weinrebell aus Bühl und Badens Winzer des Jahres

Text: Sarina Doll · Fotos: Dimitri Dell

Ein riesiges Wellblech-Gebäude, verwitterte Weinfässer, eine Steinwand mit Logo aus rostrotem Cortenstahl: Das Weingut Axel Bauer erinnert ein bisschen an einen Lost Place. Oder wie Fotograf Dimitri Dell findet: an eine Filmkulisse aus Mad Max. Nur eben ohne Wüste und stattdessen mitten im Bühler Industriegebiet. Doch zu keinem Winzer würde dieses Gebäude besser passen als zu ihm: Axel Bauer. 

„Ich bin der Kerl aus der Blechhalle“, bringt er es treffend auf den Punkt, als wir ihn und sein Team in seinen heiligen Hallen treffen. Wo früher eine Spedition ihren Sitz hatte, zieht Axel heute sein Wein-Start-up hoch – und macht eben alles ein bisschen anders. Er findet: Keiner braucht noch den hundertsten typisch badischen Spätburgunder-Betrieb. „Wir sind hier eine Clique von vier Wahnsinnigen, die Dinge machen, auf die wir selbst Bock haben. Und damit stechen wir aus der Masse raus.“

Frankreich mitten in Bühl

Axel ist lässig und entschieden, bedacht und risikobereit, heimatverbunden und weltoffen – alles in einem. Auf 29 Hektar hat er Reben rund um die Stadt Bühl, südlich von Baden-Baden, größtenteils in Steillagen. Weil dort an den immer heißer werdenden Sommertagen Wasser fehlt, traut sich Axel an trockenresistente Weinsorten wie Syrah, Grenache oder Malbec. Die halten Hitze aus, können biologisch bewirtschaftet werden und haben es echt in sich, sagt Axel, der als Quereinsteiger zum Wein kam.

Axels Weine sind französisch geprägt und als Landweine klassifiziert. „Wir sprechen bei uns zum Beispiel ganz bewusst nicht vom Spätburgunder, sondern vom Pinot Noir. Einfach aus dem Grund, weil wir mit vier Hektar fast 50 Jahre alten, original französischen Pinot-Noir-Rebstöcken gesegnet sind.“ 

Doch obwohl der französische Einfluss deutlich wird: Axel Bauers Weine sind weder typisch Burgund noch typisch Baden. Sie sind eher: typisch Axel. Nämlich charaktervoll und eigenständig. Sie kommen dank der kargen Granitböden und rauen Schwarzwaldwinde nicht über die fruchtig-liebliche Seite, sondern über die differenzierte, feine Ecke. Weine wie sein Pinot Noir oder Müller-Thurgau schmecken überraschend anders, seinen Ruländer baut er nach dem Motto orange aus. „Das würde in anderen Betrieben als fehlerhaft gelten – bei uns wird es einfach anders vinifiziert.“ 

Badens Winzer des Jahres

Weil Axel so erfolgreich Neues wagt, bekommt er am 6. Mai beim Award Badens beste Weine in Lahr einen ganz besonderen Preis überreicht: Er darf sich ab sofort Badens Winzer des Jahres nennen und die schwere Trophäe aus Beton in seine Vinothek stellen. 

„Er hat es absolut verdient“, sagt  Marco Feger, Sprecher und Vorsitzender der Juroren sowie Sommelier im Hotel Ritter Durbach verantwortlich: „Das Weingut Axel Bauer schafft es auf besondere Weise, Weine zu erzeugen, die für diese Region eine beeindruckende Eigenständigkeit vom Einstieg bis in die Spitze bieten. Ich denke, dass wir von diesem Weingut in Zukunft noch viel erwarten dürfen.“

Auch #heimat-Herausgeber Ulf Tietge ist ein Axel-Bauer-Fan: „Axels Weine stechen einfach heraus und er zeigt, wie der Weinbau in Baden eine Zukunft haben kann. Ein eigenes Profil, eine selbstbewusste Preisgestaltung und der Mut zu neuen Ideen: Das ist einfach gut!“ 

Auf der anderen Seite: So ganz neu sind Axel Bauers Ideen nicht immer. Eher sind es neue alte Ideen, denn Axel lässt seine Weine spontan vergären, er arbeitet ohne Aromahefe, ohne zusätzliche Enzyme und ohne viel Kellertechnik. „Wir gehen zu alten Wurzeln zurück. Aber genau das macht uns so innovativ“, sagt Axel, der den von #heimat Schwarzwald ins Leben gerufenen Award Badens beste Weine sehr schätzt. „Dieses Format zeigt die Weinvielfalt innerhalb Badens und bricht die verkrusteten Weinprämierungen auf.“ Dass in unserer Weinbauregion viel Potenzial und Vielfalt schlummert? Keine Frage. Axel findet viele badische Winzer jedOch noch zu still und oft sehr traditionell. Gerade die Pfälzer oder Württemberger seien dem badischen Weinbau da ein paar Schritte voraus. 

Schon seit Generationen wird in der Familie Bauer Wein im Nebenerwerb angebaut, Axel wuchs mit der Arbeit in den Weinbergen auf. Dass daraus mal sein eigenes Business werden könnte, war für ihn aber lange Zeit kein Thema. Er arbeitete viele Jahre Vollzeit in der Werbebranche, tourte von einem Meeting in London zum nächsten nach Stockholm und wieder zurück. Was ihn dabei immer wieder erdete? Die Arbeit im Weinberg. Als sein Vater die familieneigenen Rebanlagen 2012 altersbedingt abgeben musste, war Axel also zur Stelle. Hobbywinzer, das war anfangs seine Mission. Mit jeder Menge Fachbücher probierte er sich als Winemaker – und scheiterte kläglich. „Im ersten Jahr hatte ich einen Rotwein im Fass, der war untrinkbar“, gibt Axel zu. Also beschloss er: wenn Wein, dann richtig. Er holte sich Hilfe von einem befreundeten Winzer, übernahm ein insolventes Weingut und fand 2019 Kellermeister Torsten Klein, dem er im Keller viel freie Hand lässt.

Cuvées und Co.

Gefeiert werden Axel und Torsten für ihre Cuvées, die ihr Markenzeichen geworden sind. Mittlerweile sind die sogar in der Spitzengastro voll akzeptiert, Händler aus Vancouver und Barcelona kaufen bei ihm, gezahlt werden bis zu 125 Euro für eine Flasche Rotwein. Es gibt auch Weine für 12 Euro, die meisten aber liegen zwischen 18 und 30 Euro. Und so lohnt sich Weinbau dann auch … 

Axel Bauers 2020er Maison Rosé, ein Cuvée aus Pinot Noir, Merlot und Syrah, hat es bei Badens beste Weine unter die Top sechs in der Kategorie Roséweine geschafft. Aber ob er Badens bester Rosé wird? Das entscheidet sich am 6. Mai in Lahr. Alle Ergebnisse von Badens beste Weine findet hier!

Badens beste Weine

Badens beste Weine werden am 6. Mai so richtig gefeiert, denn an diesem Tag gibt es wieder Punkte von der großen Jury. Bis Redaktionsschluss stand das Ergebnis der Verkostung natürlich noch nicht fest, dafür aber wussten wir im Vorfeld, auf wen sich die Jury als Winzer des Jahres geeinigt hat. Wer sich spontan noch Tickets kaufen will, schaut mal hier vorbei!

#heimat Schwarzwald Ausgabe 38 (3/2023)

Freut Euch in dieser #heimat auf Erdbeer-Rezepte, Schwarzwälder Van-Life, eine Boots-Tour im Elsass, ein spannendes Interview mit Frank Elstner und unser Heimatwald-Projekt – zusammen mit weiteren spannenden Menschen und ihren Geschichten. Was hat es zum Beispiel mit dem Schneekönig auf sich – im Mai? Und wer steckt hinter dem Titel Badens Winzer des Jahres? Lest selbst!

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