Viele Grüße vom Dächle der Welt

Der Schwarzwald bietet so einige Superlativen. In einigen Millionen Jahren wird er sogar höher als der Himalaya sein. Unser Kolumnist Stephan Fuhrer ist sich sicher: Das wird der neue Touristenmagnet. Während andere zwanghaft versuchen, neue Ideen zu entwickeln, müssen die Schwarzwälder ihrer Heimat nur beim Wachsen zuschauen.

Text: Stephan Fuhrer

Leute! Nur noch knapp vier Millionen Jahre, dann ist der Feldberg höher als der Mount Everest! Irre, oder? Das kann man sich ganz einfach ausrechnen, wenn man weiß, dass sich der Schwarzwald jedes Jahr um zwei Millimeter hebt. Für uns Schwarzwälder heißt das jetzt: die Chance erkennen und aktiv werden! So eine Marketing-Gelegenheit hat es schließlich seit dem ersten aus der Uhr springenden Kuckuck nicht mehr gegeben…

Höchste Zeit also, schon mal in Menzenschwand und Altglashütten die Basis-Camps für Abenteurer und Alpinisten aus aller Herren Länder mit den bekannten bunten Fähnchen anzulegen (die liegen ja als Fasentsbändel praktischerweise schon in den meisten Rathauskellern), die ersten Sherpa-Generationen in Hinterzarten anzusiedeln und auf das nächste große Ding zu warten. In Schönwald stehen dazu die ersten Yaks schon auf den Wiesen rum. Praktisch! Die Kampagnentexter schwadronieren dazu bereits vom „Dächle der Welt“. Und wenn Letztere schon nicht zusammenwächst, dann eben wenigstens in die Höhe…

Für Schreiberlinge wie mich sowie für unsere Freunde aus der Tourismusbranche geht ja auch rein gar nix über solch grandiose Superlative. Und die lassen sich überall rauskitzeln – mal mehr und mal weniger sauber. Wer kennt es etwa nicht, das weltgrößte Freiburger Münster (was keine Kunst ist, schließlich gibt es nur eines)? Oder, noch schöner und tatsächlich wahr: Schonachs „Erste weltgrößte Kuckucksuhr“. Komisch, gibt es da etwa noch eine zweite? Glücklicherweise kann man bei uns aber auch ohne Trickserei schon einige echte, prächtige Rekorde vermelden. Es gibt den größten lebenden Weihnachtsbaum Deutschlands (Schmieheim), das längste Bänkle der Welt (44 Meter lang, Todtnauberg), den weltgrößten Adventskalender (Gengenbach) und die größte Kirchenkuppel nördlich der Alpen (St. Blasien). Wir können von der höchsten Besucherplattform Deutschlands ins Land blicken (vom TK Elevator Testturm in Rottweil) und über die längste gedeckte Holzbrücke Europas spazieren (Bad Säckingen). Schon mal nicht schlecht!

Ein Blick über die Grenzen des Schwarzwalds zeigt derweil, wie wertvoll Rekorde sein können. So wirbt etwa Rheinland-Pfalz inzwischen sehr erfolgreich mit dem schiefsten Turm der Welt (mit dem Glockenturm von Gau-Weinheim und freundlichen Grüßen nach Pisa) und Reutlingen mit der engsten Straße im Ländle (Spreuerhofstraße, 31 Zentimeter breit, Plauze einziehen!). Dass man sich in Voralberg mit dem höchsten Lagerfeuer des Planeten (60 Meter) vor Kurzem in Zeiten des Klimawandels einen Shitstorm eingehandelt hat – geschenkt! Wir Schwarzwälder sind da schlauer unterwegs. Also lasst uns einfach die Beine hochlegen und den Bergen beim Wachsen zugucken. Tourismusentwicklung kann so einfach sein…

#heimat Schwarzwald Ausgabe 38 (3/2023)

Freut Euch in dieser #heimat auf Erdbeer-Rezepte, Schwarzwälder Van-Life, eine Boots-Tour im Elsass, ein spannendes Interview mit Frank Elstner und unser Heimatwald-Projekt – zusammen mit weiteren spannenden Menschen und ihren Geschichten. Was hat es zum Beispiel mit dem Schneekönig auf sich – im Mai? Und wer steckt hinter dem Titel Badens Winzer des Jahres? Lest selbst!

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