Badens Brenner Teil 5: Vergiss das Feuer nicht

Es gibt viele Gründe, um mit dem Destillieren anzufangen. Eines ist unseren Brennern aber gemein: die Lust am Spiel mit dem Feuer

Text: Pascal Cames Fotos: Dimitri Dell, Baschi Bender

Wenn Kollegen ein „Das ist aber ein Schnaps!“ jauchzen, dann ist Michael Schermann aus Appenweier glücklich. Auch wenn seine Jaköble Birne bei der Prämierung nur Bronze holte, das Lob der Kollegen wiegt mehr. Auf den Jaköbler ist er besonders stolz, stammen die Birnen doch aus dem eigenen Garten. Der 15 Meter hohe Baum ist wohl 100 Jahre alt, geerntet wird von Hand, denn schütteln würde dem alten Baum gar nicht guttun. Also steigt der Brenner auf die Leiter. 

Michael Schermann stammt aus einem Haushalt mit Brennküche und war „Feuer und Flamme“, das alte Handwerk weiterzuführen. Manchmal bekommt er besondere Kirschen von nur einem Baum angeboten. Natürlich lässt er sich das nicht entgehen! So wächst sein Sortiment stetig, auch wenn es in Sachen Mengen extrem überschaubar bleibt. Zum Beispiel gibt es vom Limoncello nur fünf Flaschen, mehr wirft der Bio-Zitronenbaum nicht ab. Gin hat er natürlich auch im Programm. Das Besondere hierbei ist der Holunder, der dem Gin einen zarten Hauch von Rosé gibt. Als Michael Schermann bei einer Degustation einmal die Wacholder-Spirituose ausging, machte er aus der Not eine Tugend und mixte Cocktails mit Edelbränden. Das kam wunderbar an. Meist trifft er bei solchen Anlässen auf Kenner und Feinschmecker (also Gleichgesinnte) und das führt zu geselliger Stimmung und guten Gesprächen. Über Kirsche, Williams oder Mirabellen – die Klassiker also – freut sich jeder, aber beim Stichwort Walnussgeist oder Birne geht dann doch dem einen oder anderen das Herz noch mal mehr auf. 

brennerei-schermann.de

Zeit ist der Faktor

Brennen Frauen anders? Wie jeder Brenner sitzt Ulrike Kohler aus Kappelrodeck vor dem Brennkessel. Der Gin verlässt das Rohr in einem dünnen Rinnsal. „Ich brauche mehr Zeit“, sagt sie und meint aber eher, dass sie sich gern Zeit nimmt. Ihr Mann Karl-Heinz würde aber genauso gut brennen.  Und von ihm hat sie viel gelernt. „Der Mann schneidet Bäume, ich brenne.“ 

Als Mutter von drei Kindern konnte Ulrike Kohler ihren Beruf Arzthelferin nicht mehr ausüben. Irgendwann bat ihr Mann sie, mal kurz beim Brennen einzuspringen. „Vergiss das Feuer nicht“, sagte er. Sie vergaß es nicht. Das Interesse war geweckt. Also lernte sie Brenner.

Würde auch Whiskey gehen? Ja, es geht! Was ist mit Trester, also Grappa? Spätburgunder und Muskateller geben nicht nur tolle Weine, sondern auch  hochwertige Brände. Ihr Herz schlägt für die Aromen. Sie weiß, wenn der Brand zu scharf schmeckt, dann wurde zu schnell destilliert. Wenn es aber schön langsam geht, dann wird das Destillat geschmeidig. „Brennen ist ein Prozess“, sagt sie. Mit dem Faktor Zeit rechnet sie auch an anderen Stellen. Trester brennt sie zweimal, auch zeitaufwendig. All die Zeit und Mühe lohnen sich aber. Im Hofladen der Kohlers gehen nicht nur die Klassiker Williams und Kirsch, sondern auch Whiskey und Gin sowie ihr geliebter  Trester, der auch schon mit Medaillen prämiert wurde. So geschmeidig geht Erfolg!

kohlerhofladen.de

Brenner und (Unruhe-)Geist

Wer im Freiburger Raum den Namen Klaus Jung ausspricht, weiß Bescheid. „Das ist der mit den Säften!“ Der 67-Jährige hat mit Cidre angefangen, Saft gemacht und befindet sich jetzt im Unruhestand. Denn der Mann ist ein notorisch neugieriger Macher. 

Seit 2005 stellt er sich die Frage, wie man noch besser die Aromen binden kann. Schritt für Schritt (und Sorte für Sorte) wurde aus einer Handvoll Brände ein beeindruckendes Sortiment: sieben verschiedene Apfel- und Birnensorten, dreimal Kirsche sowie Pflaume, Zwetschge, Mirabelle und die aromenreiche Wahl’sche Birne. Sein Geheimtipp übrigens. Vive la difference!

Klaus Jung hat für sich ein paar grundsätzliche Regeln (kühle Gärung, ewiglanger Brennvorgang etc.) aufgestellt. Ein Perfektionist! Zudem ist er noch auf einer anderen Mission. Jedes Jahr pflanzen er und sein Sohn zwischen 50 und 100 Bäume, veredeln fast ausgestorbene Sorten und haben mit der Wagenstadter Pflaume ihr Steckenpferd gefunden. Die fast ausschließlich im Kreis Emmendingen beheimatete Sorte hat im jungen Stadium Dornen an den Ästen, wie die Wildpflaumen. Das und spezielle Destillate wie sein Birnoh („geht runter wie Balsam“) sind für ihn die Motivation schlechthin. Dass seine Destillate mit Medaillen bepreist werden, ist dabei eigentlich nur logisch. Fast alle Produkte von BrandJung gibt es auch in Bio-Qualität.

brandjung.net 

#heimat Schwarzwald Ausgabe 27 (4/2021)

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