Auf Crosswander-Tour im Albtal

Und Action: Deutschlands erste Crosswander-Tour führt durch das Albtal. Wir haben uns gemeinsam mit Parkour-Sportler Andy Haug auf den Weg gemacht…

Text: Patrick Czelinski · Fotos: Dimitri Dell

„Kann losgehen“, sagt Andy Haug, als wir uns bei herrlichem Frühlingswetter am Bahnhof in Bad Herrenalb treffen, und zieht die Trägergurte seines grauen Rucksacks stramm. Dass es meistens ein spannender Tag wird, wenn Andy diese Worte sagt, weiß ich seit meinem Besuch in Baiersbronn, als ich dem Parkour-Champion für unsere #heimat-Ausgabe 27 bei seinen waghalsigen Sprüngen zusehen durfte. Kein Wunder also, dass Andy meine erste Wahl ist, um gemeinsam Etappe 1 des Albtal Abenteuer-Tracks zu gehen.

Über 24 Kilometer verläuft diese Outdoor-Route um den Maienberg, vorbei am Rosskopf, der Teufelsmühle, dem Grenzertkopf und dem Wurstberg – dann wieder zurück zum Ausgangspunkt, dem Bahnhof in Bad Herrenalb.

Genau hier stehen wir nun, schnüren die Schuhe und marschieren los. Dass der durchtrainierte Andy das packt, steht außer Frage. Ich für meinen Teil werde es einfach mal versuchen …

Steil, steiler, am steilsten

Der Weg führt zunächst durchs beschauliche Bad Herrenalb. Hier weist noch nichts auf den abenteuerlichen Charakter der Strecke hin, die noch vor uns liegt. Hinter dem Parkhotel Luise entdecken wir einen Wegweiser und biegen rechts ein in ein dichtes Waldgebiet. Hier ist es mit dem gemütlichen Spazieren schneller vorbei, als der Kuckuck „Kuckuck“ rufen kann. Der Anstieg ist so steil, dass selbst Andy ins Schwitzen kommt.

Wir kraxeln durch alte Forstschneisen und ehemalige Holzrückerouten. Das Gelände ist unwegsam, immer wieder versperren querliegende Bäume den Weg. Auch wenn die Richtung hier an der Bannwaldgrenze eigentlich klar ist, sind wir froh, hin und wieder auf Markierungszeichen zu stoßen. „Ich glaub’, das wird ein langer Tag“, hechelt mir Andy entgegen.

Und ich glaub’: Der Mann hat recht. Wenigstens gibt’s hier ein Seil, an dem ich mich hochziehen kann. So viel Komfort muss sein, schließlich gehört der Abenteuer-Track zu den Nominierten für die Auszeichnung „Deutschlands Schönster Wanderweg 2022“ – da muss man auch bei den Unsportlichen punkten …

Oben angekommen geht es auf der anderen Seite über verwunschene Waldwege wieder bergab in Richtung Gaistal. Leider ist der entspannte Wandergenuss auch hier wieder nur von kurzer Dauer, als – wie aus dem Nichts – vor uns ein reißender Wildbach auftaucht. Na gut, eher ein Bächlein, aber mit weichen Knien vom anstrengenden Auf- und Abstieg dennoch eine Herausforderung.

Und siehe da – schon wird’s brenzlig! Andy will mir mit einem Riesensprung von Stein zu Stein zeigen, wer von uns beiden der Parkour-König ist, rutscht aber mit dem rechten Fuß auf einer Algenschicht ab, gerät ins Wanken – und landet im Wasser! „Wenigstens bin ich jetzt erfrischt“, ruft er und an seinem Lachen erkenne ich, dass er sich nicht ernsthaft verletzt hat. Übrigens: Den Albtal Abenteuer-Track geht man am besten zwischen April und Oktober, ansonsten kann der fast achtstündige Trip mit der Überwindung von mehr als 1000 Höhenmetern aufgrund von Frost und kalten Außentemperaturen ziemlich ungemütlich werden …

Das Rheintal in Sichtweite

Nach ein paar Hundert Metern ist unser Orientierungssinn gefragt – dann lichtet sich das Dickicht schlagartig und wir stehen auf dem Schweizerkopf. Die Aussicht in Richtung Rheinebene ist überwältigend. Wir machen es uns auf den beiden Holzliegen bequem und genießen den Augenblick. Und es tut echt gut, mal die geschundenen Füße hochzulegen, denn der Abenteuer-Track ist eine echte Wundertüte – man weiß nie, wie schlimm er noch wird!

Nach einer kurzen Verschnaufpause an der Hahnenfalzhütte geht es steil bergab in Richtung Albquelle, anschließend wieder hinauf bis zum Turm an der Teufelsmühle. Hier oben ist es deutlich frischer als im Wald – gut, dass wir unsere Jacken im Rucksack haben. Doch so rau das Wetter hier oben sein kann, so unbeschreiblich schön ist der Ausblick. Die untergehende Sonne taucht die Schwarzwaldgipfel und die Rheinebene in ein magisches Abendlicht. Da wird selbst ein harter Hund wie Andy zum Romantiker: „Dieser Moment wird ewig in mir bleiben“, sagt er und blickt in die Ferne.

Das letzte Teilstück der Etappe führt uns an den Teufelskammern vorbei. Die Sandsteinhöhlen haben einst Schmugglern als Unterschlupf gedient, die an der Grenze zwischen dem Königreich Württemberg und dem Großherzogtum Baden ihr Unwesen trieben. Ehrlich gesagt: Nach einer achtstündigen Crosswanderung fühlt man sich selbst ein wenig wie ein Bandit – und sehnt sich nach einer warmen Dusche. Und Andy? „Ich bin echt ganz schön fertig“, sagt er. „Aber es war wirklich schön!“ In diesem Sinne: Kann losgehen! Jetzt aber nach Hause.

Crosswandern

Crosswandern – noch nie gehört? Macht nichts! Ist ja auch ziemlich neu. Erst seit wenigen Jahren ist dies auf dem Albtal Abenteuer-Track möglich. Dabei handelt es sich nicht um einen normalen Wanderweg, stattdessen müssen Baumstämme, Astschnitt sowie unwegsames Gelände überwunden und steilere Passagen mithilfe von Seilen gemeistert werden. Der Track führt in zwei Etappen auf je rund 24 Kilometern durch weitgehend unberührte Natur.

Weitere spannende Wandertipps – darunter die Etappe 2 des Albtal Abenteuer-Tracks – gibt es unter www.albtal-tourismus.de und www.schwarzwald-tourismus.info

#heimat Schwarzwald Ausgabe 32 (3/2022)

Der Schwarzwald hilft den Menschen aus den Ukraine und wir erzählen davon. Denn wir finden: Heimat ist ein Menschenrecht. Punkt. Und: Auch klar, dass wir in dieser Ausgabe noch viel mehr Themen haben, die es zu entdecken gilt: von den Tortora-Brüdern und ihrer Pizza La Foresta Nera bis zu Badens neuem Weingärtner.

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